Ukraine-Treffen in Kiew EU verhängt neue Sanktionen gegen Russland
Die EU steht weiter an der Seite der Ukraine. Das haben die 16 Spitzenpolitiker in Kiew deutlich gemacht. Sie kündigten neue Sanktionen gegen Russland an - zum Jahrestag des Angriffskriegs. Über eine EU-Mitgliedschaft wird weiter verhandelt.
Zum ersten Mal seit dem Ukraine-Krieg treffen sich EU-Spitzenpolitikerinnen und -politiker in Kiew. Mit im Gepäck: neue Sanktionen gegen Russland.
"Zwischen jetzt und dem 24. Februar, genau ein Jahr nach Beginn der Invasion, wollen wir ein zehntes Sanktionspaket fertigstellen", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Von der Leyen: Sanktionen wirken
Die bislang verhängten Sanktionen hätten der russischen Wirtschaft bereits beträchtlichen Schaden zugefügt, betonte die Kommissionspräsidentin. Allein der Preisdeckel für russisches Öl koste Moskau "etwa 160 Millionen Euro täglich".
Für das bereits seit Dezember in der Vorbereitung befindliche neue Sanktionspaket werden unter anderem neue Einreise- und Vermögenssperren für Verantwortliche in Russland und dem verbündeten Belarus erwartet.
Bereits am Sonntag soll zudem ein Preisdeckel für russische Mineralölprodukte wie Diesel oder Kerosin in Kraft treten, über dessen Höhe Vertreter der EU-Staaten noch beraten. Alle Sanktionen erfordern einen einstimmigen Beschluss der 27 EU-Länder.
Selenskyj warb bei dem Besuch für weitere Unterstützung. "Jetzt ist offensichtlich, dass man den Traum von einem friedlichen Europa nur zusammen mit der Ukraine verwirklichen kann und nur, indem man Russland besiegt", sagte der Staatschef.
Selenskyj will Entscheidungen der EU-Partner
Weiteres Thema bei der zweitägigen Konferenz ist die EU-Beitrittsperspektive der Ukraine. Selenskyj bezeichnete den EU-Kandidatenstatus als Motivation für die gegen Russland kämpfenden Ukrainer. "Die Ukraine verteidigt auf dem Schlachtfeld gerade die Werte, wegen denen sich Europa vereinigt hat und vereinigt", sagte der 45-Jährige.
In seiner abendlichen Videoansprache hatte er gesagt, er erwarte Entscheidungen der EU-Partner, die den offensichtlichen Reformfortschritten entsprächen. Damit bezog er sich darauf, dass die EU die Ukraine zwar im vergangenen Juni in den Kreis der Beitrittskandidaten aufgenommen, den Beginn von Verhandlungen über einen Beitritt allerdings an die Erfüllung von sieben Voraussetzungen geknüpft hatte.
Bei diesen geht es etwa um das Auswahlverfahren ukrainischer Verfassungsrichter und eine stärkere Korruptionsbekämpfung - insbesondere auf hoher Ebene. Die EU fordert zudem, dass Standards im Kampf gegen Geldwäsche eingehalten werden und ein Gesetz gegen den übermäßigen Einfluss von Oligarchen umgesetzt wird.
Mehr Einsatz gegen Korruption gefordert
Aus der EU-Kommission hieß es dazu zuletzt, dass die Ukraine Fortschritte gemacht habe, eine offizielle Empfehlung für den Beginn von Beitrittsverhandlungen aber vermutlich frühestens in der zweiten Jahreshälfte erfolgen werde. "Wir haben eine Reformdynamik registriert, aber es gibt noch einiges zu tun", sagte ein ranghoher Beamter am Dienstag in Brüssel. In Kiew wird demnach auch um weitere notwendige Fortschritte zum Beispiel bei der Korruptionsbekämpfung und die mögliche EU-Unterstützung dabei gesprochen.
Ausbildung für weitere 15.000 Soldaten
Deutlich ausgeweitet werden soll die aktuelle EU-Ausbildungsmission. Als neues Ziel für die Ausbildungsmission ist laut dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell vorgesehen, 30.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten in EU-Staaten zu trainieren. Bislang war das Ziel, rund 15.000 Soldaten zu trainieren.
Zusätzliche 25 Millionen Euro für Minenräumung
Außerdem sollen für die Minenräumung in von der Ukraine zurückeroberten Gebieten zusätzliche 25 Millionen Euro bereitgestellt werden.
Zudem will die EU den Wiederaufbau der Energie-Infrastruktur mit mehr als 150 Millionen Euro unterstützen. 2400 Stromgeneratoren sollen an Kiew übergeben werden - zusätzlich zu den 3000, die seit Beginn des Krieges geliefert worden seien. Auch ist die die Ukraine eingeladen, sich an der EU-Plattform zum gemeinsamen Gaseinkauf zu beteiligen, sagte Kommissionspräsidentin von der Leyen.
Die ukrainische Regierung hat den konkreten Bedarf für den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur auf rund 15 Milliarden Euro beziffert. "In diesem Jahr beträgt der Bedarf 17 Milliarden US-Dollar (15,6 Milliarden Euro)", sagte Regierungschef Denys Schmyhal bei einem Treffen mit dem kommissarischen Vizepräsidenten der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis. Dafür sollten vor allem die im Zuge der Sanktionen gegen Moskau eingefrorenen russischen Gelder verwendet werden.
Weitere Themen auf der Agenda der zweitägigen Konferenz sind der Abbau von Handelshemmnissen, humanitäre und militärische Hilfen sowie die geplante Aufnahme der Ukraine in den EU-Roaming-Raum sein. Letzteres würde bedeuten, dass Ukrainerinnen und Ukrainer innerhalb der EU mit ihren Mobilgeräten telefonieren, SMS schreiben und Datendienste nutzen könnten, ohne Zusatzkosten fürchten zu müssen. Ebenso würde dies für EU-Bürger in der Ukraine gelten.