Reform EU-Institutionen einigen sich auf neue Schuldenregeln
In der EU gibt es eine Einigung auf neue gemeinsame Regeln für Haushaltsdefizite und Staatsschulden. Künftig soll bei EU-Zielvorgaben für den Abbau von zu hohen Defiziten und Schulden die individuelle Situation von Ländern stärker berücksichtigt wird.
Die seit Jahren diskutierte Reform der europäischen Schuldenregeln hat eine wichtige Hürde genommen: Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments einigten sich in der Nacht grundsätzlich auf die neuen Regeln, wie die belgische EU-Ratspräsidentschaft im Kurzbotschaftendienst X, früher Twitter, mitteilte.
"Deal!", schrieb die Ratspräsidentschaft nach 16-stündigen Verhandlungen. "Die neuen Regeln werden helfen, ausgeglichene und nachhaltige öffentliche Finanzen und Strukturreformen zu erreichen und werden Investitionen, Wachstum und die Schaffung von Jobs in der EU fördern."
Modernisierung des Stabilitätspakts
Die Pläne sehen insbesondere vor, dass bei EU-Zielvorgaben für den Abbau von zu hohen Defiziten und Schuldenständen die individuelle Situation von Ländern stärker als bislang berücksichtigt wird. Zugleich soll es für hoch verschuldete Länder klare Mindestanforderungen für die Rückführung von Schuldenstandsquoten geben.
Durch die Reform soll der Stabilitätspakt modernisiert werden. Ziel ist es, Investitionen zu ermöglichen und zugleich eine zu hohe Verschuldung einzelner Mitgliedstaaten zu verhindern.
Warnungen vor zu harten Auflagen
Die Mitgliedsländer hatten sich kurz vor Weihnachten auf die Reform geeinigt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte danach, die neuen Regeln verbänden "klare Zahlen für niedrigere Defizite und sinkende Schuldenquoten mit Anreizen für Investitionen und Strukturreformen".
Bedenken gab es dagegen im Europaparlament: Linke, Grüne und Teile der Sozialdemokraten warnten vor zu harten Auflagen und einer übertriebenen Sparpolitik.
Jährliche Neuverschuldung soll unter drei Prozent bleiben
Die sogenannten Maastricht-Kriterien sollen trotz der Reform unverändert bleiben. Die jährliche Neuverschuldung eines Staates darf danach drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) nicht überschreiten. Die Gesamtverschuldung eines Landes darf zudem bei höchstens 60 Prozent liegen.
Die Länder sollen die Vorgaben aber flexibler auslegen können. Insbesondere hoch verschuldete EU-Staaten wie Frankreich und Italien bestehen darauf. So sollen Staaten mehr Zeit bekommen, bei sehr hohen Defiziten ihre Haushalte anzupassen, wenn sie zugleich Reformen und Investitionen vornehmen. Deutschland setzte aber Mindestvorgaben für einen Abbau von Defiziten und Schulden durch. Lindner sprach im Dezember von "Sicherheitslinien für niedrigere Defizite und Schuldenstände".
Nach der jetzt erzielten Vereinbarung der Unterhändler bedarf die Neuregelung noch der abschließenden Zustimmung von Mitgliedstaaten und Europaparlament. In der Corona-Pandemie hatte die EU den Stabilitätspakt vorübergehend ausgesetzt, um den Mitgliedstaaten Milliardenhilfen für die Wirtschaft zu ermöglichen. Seit Januar sind die alten Regeln vorläufig wieder in Kraft.