In der EU eingefrorenes Geld Russisches Vermögen soll Aufrüstung der Ukraine dienen
Schon seit Längerem gibt es in der EU Pläne, Gewinne aus eingefrorenem russischen Kapital für die Ukraine zu nutzen. Darauf haben sich die Mitgliedsstaaten nun geeinigt. Fast drei Milliarden Euro pro Jahr sollen in die Militärhilfe fließen.
Rund 210 Milliarden Euro an Vermögenswerten der russischen Zentralbank liegen derzeit in der EU auf Eis. Besonders EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wirbt dafür, mit den Zinserträgen Militärhilfen für die Ukraine zu finanzieren. Genau darauf haben sich die Ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten nach wochenlangen Verhandlungen in Brüssel nun geeinigt. Das teilte die belgische EU-Ratspräsidentschaft mit.
Noch in diesem Jahr sollen demnach bis zu drei Milliarden Euro zusammenkommen. Das in Brüssel ansässige Finanzinstitut Euroclear hatte zuletzt mitgeteilt, 2023 rund 4,4 Milliarden Euro an Zinsen eingenommen zu haben.
Von der Leyen begrüßte die Einigung: "Es gibt kein stärkeres Symbol und keine bessere Verwendung für dieses Geld, als die Ukraine und ganz Europa sicherer zu machen", schrieb sie auf X. Als nächster Schritt wird der Beschlusstext dem EU-Ministerrat vorgelegt. Dort wird laut Diplomaten ein einstimmiges Votum erwartet.
Auch direkte Finanzhilfen für Kiew
Den Vorschlag zur indirekten Verwendung russischer Gelder für die Ukraine hatten von der Leyen und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell den Regierungen der EU-Staaten im März übermittelt. Er sieht vor, dass 90 Prozent der nutzbaren Zinserträge aus der Verwahrung russischer Zentralbank-Gelder in den EU-Fonds für die Finanzierung militärischer Ausrüstung und Ausbildung geleitet werden sollen. Die restlichen 10 Prozent sollen für direkte Finanzhilfen für die Ukraine genutzt werden.
Schwierig waren die Verhandlungen unter anderem, weil neutrale Staaten wie Österreich sich nicht direkt an der Lieferung von Waffen und Munition beteiligen wollen. Für sie wurde nun vereinbart, dass die Zinserträge zum Teil auch für andere Finanzhilfen verwendet werden.
Zudem gab es Diskussionen darüber, wie viel Geld Euroclear für seinen Aufwand einbehalten darf. Der Betrag reduzierte sich im Lauf der Verhandlungen von 3 Prozent auf 0,3 Prozent. Euroclear ist in der EU das wichtigste Institut, das Vermögenswerte der russischen Zentralbank verwahrt.
EU sieht noch von kompletter Enteignung ab
Die russischen Zentralbank-Gelder durch einen Enteignungsbeschluss direkt zu nutzen, ist bislang nicht geplant. Als ein Grund dafür gelten rechtliche Bedenken und wahrscheinliche Vergeltungsmaßnahmen. Moskau hatte die EU bereits im vergangenen Jahr davor gewarnt, das Eigentum des russischen Staates oder russischer Bürger zu konfiszieren.
Denkbar wäre es beispielsweise, dass dann auch in Russland tätige Unternehmen aus EU-Ländern zwangsenteignet würden. Zudem könnte eine direkte Nutzung der russischen Vermögenswerte auch dazu führen, dass andere Staaten und Anleger das Vertrauen in den europäischen Finanzplatz verlieren und Vermögen aus der EU abziehen.
Selenskyj: Russischen Terror stoppen
Die EU bleibt mit ihrem Vorhaben allerdings hinter Forderungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und der USA zurück. Es sei angemessen, sowohl die Gewinne als auch die Vermögenswerte selbst zu nutzen, um den russischen Terror zu stoppen, sagte Selenskyj zuletzt in einer Videoansprache beim EU-Gipfel im März. Er forderte die EU auf, Risiken in Kauf zu nehmen.
Russland müsse sich der tatsächlichen Kosten des Krieges und der Notwendigkeit eines gerechten Friedens bewusst sein. Der stellvertretende ukrainische Regierungschef Olexander Kubrakow hatte die von Russland verursachten Kriegsschäden zuletzt auf 500 Milliarden Euro beziffert und sich dabei auf Zahlen der Weltbank, der Europäischen Union und der Vereinten Nationen berufen.