Renaturierung von Ökosystemen EU-Umweltminister einig bei Naturschutzgesetz
Trockene Moore sollen vernässt, Wälder aufgeforstet werden: Die Mehrheit der EU-Umweltminister hat den Vorschlag für ein Gesetz angenommen, das Renaturierungsziele bis 2050 festlegt. Im EU-Parlament sind die Pläne umstritten.
Die Umweltminister der EU-Staaten haben sich auf ihre Position zu einem umstrittenen Naturschutzgesetz geeinigt. Das "Gesetz zur Wiederherstellung der Natur" soll Ökosysteme vor dem Zusammenbruch bewahren.
EU-Diplomaten sagten der Nachrichtenagentur dpa, dass 20 Länder für und fünf gegen das Vorhaben gestimmt hätten, nämlich Polen, Italien, die Niederlande, Schweden und Finnland. Belgien und Österreich enthielten sich demnach.
Wiederherstellungsmaßnahmen in mehreren Schritten
Die EU-Länder sollen beispielsweise Maßnahmen ergreifen, um bis 2030 mindestens 30 Prozent der sich in einem schlechten Zustand befindlichen Lebensräume in Land-, Küsten-, Süßwasser- und Meeresökosystemen wieder in einen guten Zustand zu bringen.
Bis 2040 soll es für mindestens 60 Prozent und bis 2050 für mindestens 90 Prozent der einzelnen Lebensräume in schlechtem Zustand Wiederherstellungsmaßnahmen geben.
Geplant ist auch eine Wiederbewässerung von Fluss-Auen oder Mooren, um die Folgen von Dürreperioden zu mindern, und die Wiederaufforstung von Wäldern. Ziel ist es, die Natur gegen Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen widerstandsfähiger zu machen.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke bezeichnete die Entscheidung als deutliches Signal zur Wiederherstellung der Natur. Dieses sei enorm wichtig und gebe für die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament Rückenwind. "Das ist ein entscheidender Schritt, um in Europa intakte Natur zu erhalten und wiederherzustellen", sagte die Grünen-Politikerin. Sie sei sehr zuversichtlich, dass weitere Bedenken einiger Mitgliedsstaaten "weggeräumt" werden könnten und "dass dieses starke Signal auch vom EU-Parlament beachtet wird", so Lemke.
Die Umweltschutzorganisation WWF begrüßte die Einigung als "wegweisend". Ohne das Gesetz könne die EU ihre Klimaziele nicht erreichen, und Deutschland würde seine Verpflichtungen aus dem Weltnaturabkommen von Montreal verfehlen, erklärte Naturschutzreferent Tobias Arbinger. Allerdings kritisierte der WWF vereinbarte Ausnahmen. So soll das Renaturierungsziel etwa nicht für Meeresgebiete mit "weichem Sediment" gelten, um Fischer nicht zu beeinträchtigen.
Widerstand von Christdemokraten
Die Christdemokraten im Europaparlament hatten das geplante Gesetz zuvor vehement kritisiert. Die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen werde eingeschränkt, damit werde die Ernährungssicherheit gefährdet. Im Umweltausschuss hatten die Christdemokraten vergangene Woche vergeblich versucht, das Gesetz ganz zu kippen, sie scheiterten nur knapp. Die Wahl wurde unterbrochen.
Der Co-Vorsitzende der Linken im Europaparlament, Martin Schirdewan, kritisierte das Vorgehen der Christdemokraten als "peinliche Lügenmärchenkampagne".
Parlament und EU-Staaten müssen nun einen endgültigen Kompromiss aushandeln. Vorher muss sich das Parlament aber auf seine Verhandlungsposition einigen. EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius zeigte sich optimistisch, dass die Verhandlungen über das Gesetz bis Ende des Jahres abgeschlossen werden könnten. Zum jetzigen Zeitpunkt ist aber unklar, ob das Gesetz noch vor der Europawahl 2024 verabschiedet werden kann.
Mit Informationen von Paul Vorreiter, ARD-Studio Brüssel