Treffen des EU-Umweltministerrats Wer in Brüssel beim Naturschutz bremst
Heute beraten die EU-Umweltminister über einen zentralen Baustein der "Green Deal"-Agenda der Kommission. Zeitgleich regt sich in Brüssel auch Widerstand gegen das Vorhaben.
Es geht um das vielleicht wichtigste Projekt der EU-Kommission - eine Herzensangelegenheit nennt Ursula von der Leyen den "Green Deal". Als Kommissionspräsidentin war sie kaum gewählt, da legte sie zusammen mit den zuständigen Kommissaren einen Plan vor, wie Europa den Kampf gegen die Klimakrise gewinnen kann: "Wir haben vor vier Jahren angefangen mit einer Vision: der europäische 'Green Deal'."
Der "Green Deal", das soll so etwas werden wie das Grüne Grundgesetz der Europäischen Union. Ein Paket mit zig Einzelmaßnahmen, für mehr Klimaschutz und Umweltschutz.
Wir haben die Ziele, die wir haben, in Gesetze gegossen. Und wir haben jetzt einen sehr klaren Fahrplan vorgelegt, wie wir diese Ziele erreichen wollen. Damit sind wir die fortschrittlichste Region weltweit.
Von der Leyens Parteifreunde stehen auf der Bremse
Jetzt sind es ausgerechnet die eigenen Parteifreunde von Ursula von der Leyen, die auf der Bremse stehen. Die Christdemokraten im Europäischen Parlament fürchten, dass die Menschen im ländlichen Raum, und vor allem die Landwirte, überfordert werden. Man sei für Naturschutz, heißt es in den Reihen der Christdemokraten, aber die Gesetzesvorschläge der Kommission seien ungeeignet.
"Wir als die Europäische Volkspartei sind die Bauernpartei, darauf können die sich verlassen", sagte der Vorsitzende von Europas Christdemokraten, der CSU-Politiker Manfred Weber, Anfang Mai beim Parteitreffen in München.
Damit war die Linie für die bevorstehenden Abstimmungen im Parlament vorgegeben: Ein klares "Nein" beispielsweise zum Abbau der Pestizide. Die wollte die EU-Kommission um die Hälfte reduzieren, mit der Begründung, der Pestizideinsatz in der Landwirtschaft belaste nicht nur Grundwasser und Lebensmittel, sondern sei auch als Hauptursache für das Artensterben nachgewiesen.
Christdemokraten wollen Agrarflächen nutzbar halten
Ein klares "Nein" kam danach auch zu dem Gesetz, über das heute Europas Umweltminister beraten. Das hat den etwas sperrigen Namen: "Gesetz zur Wiederherstellung der Natur". Das Ziel: 20 Prozent der Land- und Meeresflächen in der EU sollen geschützt werden, geschädigte Ökosysteme wie Wälder und Moore sollen wiederhergestellt werden.
Die Christdemokraten wenden dagegen ein, dass durch die strengeren Auflagen Flächen verloren gehen, die zur Zeit noch intensiv landwirtschaftlich genutzt werden können. Damit sei die Ernährungsicherheit gefährdet.
Wissenschaftler entkräftigen Kritikpunkt
Gegen diese Blockade der Klima- und Umweltschutzgesetze haben Wissenschaftler aus ganz Europa sich zusammengetan, in einer beispiellosen Aktion: Mehr als 3000 Wissenschaftler unterzeichnen letzte Woche einen offenen Brief.
Einer von ihnen ist Professor Helge Bruelheide, Biologe an der Universität Halle. Die Behauptung, durch die Umweltschutzgesetze sei die Ernährungssischerheit gefährdet, hält er für falsch - das Gegenteil sei der Fall.
Er sagt: "Wir wollen zeigen, dass das Gegenteil der Fall ist. Das größte Risiko für die Ernährungssicherheit sind der Klimawandel und extreme Wetterereignisse. Wir brauchen mehr Bodenschutz und Artenvielfalt - das ist entscheidend für langfristige Ernährungssicherheit."