Treffen in Brüssel Ein klassisches Stück Gipfel-Diplomatie
Am Ende lenkte der ungarische Regierungschef Orban ein: Die EU-Staaten einigten sich auf ein großes Finanzierungspaket für die Ukraine. Das war ein hartes Stück Arbeit und klassische Gipfel-Diplomatie.
Stunden dauerte es, Ungarns Premier Viktor Orban zur Aufgabe seiner Blockade bei der Ukraine-Unterstützung zu bewegen. Noch vor Beginn des eigentlichen EU-Gipfels hatte es kleinere Gesprächsrunden gegeben. Kanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni verhandelten mit Orban.
Später kamen noch weitere hinzu. Der Druck wurde also immer größer. Schließlich gelang eine Einigung, bei der alle 27 EU-Staaten dem 50-Milliarden-Euro-Finanzierungspaket für die Ukraine zustimmen konnten.
Bundeskanzler Scholz nannte das "eine gute Botschaft" für die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine, aber auch für die Europäische Union, die gezeigt habe, "dass sie zusammenstehen kann". Ihm sei wichtig gewesen, deutlich zu machen, dass es um eine Entscheidung aller 27 Mitgliedstaaten gehe.
Einigung bis zuletzt fraglich
Die Entscheidung der 27 Staaten stand bis zuletzt auf der Kippe. Ohne eine Einigung mit Orban hätten die anderen 26 EU Länder aufwändige bilaterale Lösungen mit der Ukraine vereinbaren müssen, bei denen die Zahlungen teilweise durch nationale Parlamente hätten abgesegnet werden müssen.
Orban konnte sich nicht damit durchsetzen, die Ukraine-Hilfen jedes Jahr aufs Neue zu verhandeln. Stattdessen soll nach zwei Jahren eine Anpassung der Hilfe durch die EU-Kommission möglich sein.
Auf X (ehemals Twitter) feierte Orban die hineinverhandelten Kontrollmaßnahmen als "mission accomplished" - Mission erfüllt. Er verschwieg aber, dass er kein Veto gegen das Paket als solches einlegen kann.
Scholz fordert Konsequenz
Auch zur Sprache kam die künftige Militärhilfe für die Ukraine. Scholz stieß auf dem Gipfel eine Debatte dazu an. Beobachter lasen darin Kritik an den anderen großen EU-Staaten wie Frankreich, Italien und Spanien heraus, die deutlich hinter der deutschen militärischen Unterstützung für die Ukraine zurückgeblieben sind.
Diesen Eindruck wollte Scholz entkräften. Es sei ihm nicht darum gegangen, "irgendjemanden, irgendein einzelnes Land oder auch nur viele Länder öffentlich zu kritisieren und vorzuführen". Vielmehr habe er sagen wollen: "Leute, haltet mal ein, was da gerade von selbst geschieht, ist nicht in Ordnung. Wir machen nicht genug als Europäische Union."
Entscheidungen wurden dazu jedenfalls keine getroffen.
Bauern melden sich zu Wort
Rund um das Tagungsgebäude im Brüsseler Europaviertel blockierten hunderte Landwirte mit ihren Traktoren die Straßen. Vereinzelt kam es dabei zu Auseinandersetzungen, bei denen Gegenstände geworfen wurden und Tränengas eingesetzt wurde. Der Protest richtet sich unter anderem gegen die europäischen Umweltvorgaben.
EU-Ratspräsident Charles Michel stellte fest, die Landwirte protestierten "voller Wut aus Unzufriedenheit, Angst um ihre Zukunft". Die Staats- und Regierungschefs hätten deshalb die Gelegenheit genutzt, zu zeigen, wie sehr sie die Agrarpolitik "als wichtigen Pfeiler des europäischen Projekts betrachten", so Michel weiter.
Die EU-Kommission hatte im Vorfeld des Gipfels einen Teil der Umweltvorgaben bis Ende des Jahres ausgesetzt. So müssen die Bauern in diesem Jahr nicht wie vorgesehen vier Prozent ihres Ackerlandes brachliegen lassen, damit sich dort die Natur erholen kann. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der niederländische Premier Mark Rutte und Belgiens Premier Alexander De Croo suchten nach dem Gipfel das Gespräch mit europäischen Landwirten, um über Konsequenzen aus den Protesten zu beraten.
Belgiens Premier begrüßte die neuesten Erleichterungen der Kommission. Seine Ratspräsidentschaft spricht sich aber noch für weitere Maßnahmen aus. Ende Februar sollen sich die EU-Agrarminister über Bürokratieabbau für die Landwirte austauschen.
Ebenso zu beackern ist noch das geplante Mercosur-Abkommen mit vier lateinamerikanischen Staaten. Frankreichs Präsident Macron macht seit Tagen Druck auf die EU-Kommission, das Abkommen in seiner jetzigen Form nicht voranzutreiben. Frankreichs Landwirte fürchten Wettbewerbsnachteile gegenüber Importeuren aus den Vertragspartnerländern, weil die weniger strenge Umweltauflagen erfüllen müssen.