La Laigne in Westfrankreich Bis in die Grundfesten erschüttert
Das westfranzösische Dorf La Laigne ist besonders stark vom Erdbeben betroffen. 135 Häuser sind beschädigt, einige gelten als einsturzgefährdet. Die Regierung in Paris kündigte Hilfe an.
Auf den Bildern aus dem Dorf La Laigne wirkt alles schief und gerissen. Der Ort 35 Kilometer nordöstlich der Küstenstadt La Rochelle ist am stärksten vom Beben gestern Abend und den Nachbeben betroffen. Mauern und Hauswände sind auf einen Schlag um bis zu zehn Zentimeter verrutscht. Die Bäckersfrau gibt zu Protokoll: Sie habe gedacht, ein Flugzeug sei abgestürzt.
135 Häuser in La Laigne beschädigt
Das Beben beschädigte in La Laigne 135 Häuser. Dabei wohnen dort nicht einmal 500 Einwohner - 170 von ihnen mussten in Sicherheit gebracht werden.
Die Feuerwehr stufte Dutzende Häuser in die Kategorie Rot oder Schwarz ein. Sie sind somit unbewohnbar. Rot bedeutet, dass Betroffenen noch etwas aus dem Haus holen dürfen, bei Schwarz ist das Betreten absolut verboten, weil Einsturzgefahr besteht.
"Kommt raus, kommt raus"
Auch Christine kann nicht zurück. Weinend erzählt sie vor der Kamera des französischen Nachrichtenkanals BFM TV: "Der ganze Innenhof hat gebebt, alles ist herabgefallen, die Ziegel. Ich habe zu meinem Sohn, meinen Enkelinnen, meinem Mann geschrien, 'Kommt raus, kommt raus.' Wir hatten Angst, dass das Haus zusammenstürzt. Alles war voller Staub, man hat nichts mehr gesehen, nur noch Schreie gehört."
Und dann sei auf einen Schlag alles wieder friedlich gewesen. Dennoch könnten sie nicht ins Haus zurück: "Die Kacheln in der Toilette sind explodiert. Im Zimmer meines Sohnes kann man die ganze Hand durch die Risse stecken. Wir sind am Ende!"
Die Betroffenen haben in zehn Sekunden alles verloren und werden im Rathaus von La Laigne psychologisch betreut. Nicht mal in der Kirche beten können sie, denn auch die darf nicht betreten werden. Und die Schule bleibt vorsorglich zu. Einige Menschen versuchen, das Dach wieder abzudichten, denn es sind Gewitter angesagt.
Hilfszusagen der Zentralregierung
Frankreichs Premierministerin Elisabeth Borne meldete sich zu Wort und versicherte den Betroffenen, die Regierung sei mobilisiert.
Das war für unser Territorium ein ungewöhnliches Erdbeben. Ich möchte der Bevölkerung meine ganze Solidarität ausdrücken, die sich deshalb hat Sorgen machen können. Ich verfolge alles mit großer Aufmerksamkeit. Die zwei Präfekten der Départements Deux-Sèvres und Charente-Maritime sind im Einsatz.
Innenminister Gérald Darmanin kündigte via Twitter an, dass Beben als Naturkatastrophe anzuerkennen, damit schneller geholfen werden kann.
Abseits der Erdbeben-Hotspots
Auch umliegende Gemeinden sind betroffen. Es gibt zum Glück nur Leichtverletzte. In der westfranzösischen Region hatte es 1972 ein Erdbeben nahe der Atlantik-Insel Oléron gegeben. Das letzte Beben dieser Größenordnung wurde 2019 in der Ardèche registriert. Die Seismologen gehen in Frankreich von ähnlichen Beben alle zehn Jahre aus.
Dabei liegen die seismischen Hotspots eigentlich in den Pyrenäen und in den Bergregionen Südostfrankreichs. Ein Blick auf die Landkarte wird Christine aus La Laigne nicht beruhigen. Denn diesmal lag das Epizentrum direkt unter ihrem Dorf.