Umkämpfte Kaukasusregion Feuerpause in Bergkarabach vereinbart
In Bergkarabach ist laut Aserbaidschan eine Feuerpause vereinbart worden. Die Behörden der Region stimmten demnach der Forderung zu, die Kämpfe zu beenden und ihre Waffen abzugeben. Russland habe dabei vermittelt.
Einen Tag nach dem Beginn eines aserbaidschanischen Militäreinsatzes ist in der Konfliktregion Bergkarabach eine Feuerpause vereinbart worden. Das bestätigte laut der Nachrichtenagentur Azertac das aserbaidschanische Verteidigungsministerium, nachdem armenische und russische Medien zuvor darüber berichtet hatten. Den armenischen Kämpfern werde die Möglichkeit gegeben, ihre Positionen zu verlassen und sich zu ergeben.
Die Behörden der international nicht anerkannten und überwiegend von ethnischen Armenierinnen und Armeniern bewohnten Republik Bergkarabach (Arzach) hätten einen entsprechenden Vorschlag von russischer Seite angenommen, berichtete unter anderen die armenische Nachrichtenagentur Armenpress .
"In der aktuellen Situation sind die Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft zur Beendigung des Kriegs und zur Lösung der Situation unzureichend", zitierte Armenpress aus einer Behördenmitteilung. "Unter Berücksichtigung dessen akzeptieren die Behörden der Republik Arzach den Vorschlag des Kommandos des russischen Friedenskontingents bezüglich eines Waffenstillstands."
Armenien: Waren an den Verhandlungen nicht beteiligt
Die Einigung umfasst den Berichten zufolge den Abzug von verbliebenen armenischen Militäreinheiten und militärischer Ausrüstung aus Bergkarabach sowie die Entwaffnung lokaler Verteidigungskräfte. Zudem sollen diese offenbar Verhandlungen mit der Regierung in Baku über die Integration der Region in Aserbaidschan zugestimmt haben.
Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinyan sagte in einer Videomitteilung, dass sein Land nicht an der Ausarbeitung der Vereinbarung über die Feuerpause beteiligt gewesen sei. Man habe die Entscheidung der Verantwortlichen in Bergkarabach jedoch zur Kenntnis genommen. Armenien habe seit August 2021 keine Truppen in der Region gehabt.
Zahlreiche Tote und Verletzte
Aserbaidschan hatte am Dienstag eine Offensive gestartet, die es "Antiterroreinsatz" nennt. Das Land forderte eine Niederlegung der Waffen und die Abdankung der armenischen Führung in der Region.
Armenien und Aserbaidschan kämpfen seit Jahrzehnten um Bergkarabach. Die Waffenruhe nach dem letzten Krieg im Jahr 2020, in dem das dank Gas- und Öleinnahmen hochgerüstete Aserbaidschan bereits große Teile Bergkarabachs erobert hatte, wurde immer wieder gebrochen.
Angaben der Regionalbehörden zufolge sind bei den jüngsten Angriffen 27 Menschen getötet und mehr als 200 weitere verletzt worden. Noch am Morgen hatten Explosionen das Gebiet um die Regionalhauptstadt Stepanakert erschüttert. Obwohl das aserbaidschanische Verteidigungsministerium erklärt hatte, sich bei den Angriffen auf militärische Ziele zu beschränken, berichtete Armenpress, dass auch zivile Infrastruktur getroffen worden sein soll.
Schon vor Beginn des jüngsten Beschusses war die humanitäre Lage in Bergkarabach katastrophal gewesen, weil Aserbaidschan den einzigen Zugang Armeniens in die Exklave - den sogenannten Latschin-Korridor - blockierte.
Günstiger Zeitpunkt für Aserbaidschan?
International wurde die erneute Eskalation der Gewalt vielfach verurteilt. So hatten unter anderem UN-Generalsekretär Antonio Guterres, Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Außenminister Antony Blinken ein Ende der Kampfhandlungen gefordert.
Russland gilt traditionell als Schutzmacht Armeniens und hat in der Konfliktregion eigene Soldaten stationiert. Mittlerweile aber braucht Moskau seine Kämpfer in erster Linie für den eigenen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Beobachter hatten deshalb bereits befürchtet, dass Aserbaidschan diese instabile Lage für ein militärisches Vorgehen nutzen könnte.
Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, die eigenen Soldaten blieben in der Region und leisteten unter anderem weiter humanitäre Hilfe. Man versuche, die Zivilbevölkerung bestmöglich zu unterstützen. Auf dem zentralen Stützpunkt der Friedenstruppen befänden sich gegenwärtig 2261 Zivilisten, darunter 1049 Kinder. Zudem hielten die Truppen den Kontakt zu allen Seiten aufrecht.