Nach dem EU-Referendum in Irland Erleichterung in Brüssel - für den Moment
Nicht nur Kommissionschef Barroso ist nach der Zustimmung der Iren zum EU-Reformvertrag ein Stein vom Herzen gefallen. Kanzlerin Merkel ist "sehr glücklich", EU-Parlamentspräsident Buzek sieht die Iren wieder "im Herzen Europas". Eine große Hürde ist genommen - doch mindestens eine weitere gibt es noch.
Von Michael Göttschenberg, MDR
"Danke Irland", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nur - das sei ein großer Tag für Irland und ein großer Tag für Europa. "Ich bin sehr glücklich über den Ausgang des Referendums."
Eindeutig zufrieden: EU-Kommissionspräsident Barroso
Man konnte den Stein regelrecht hören, der Barroso vom Herzen fiel. Ein Nein der Iren wäre für Brüssel einer Katastrophe gleich gekommen. Auch Jerzy Buzek, der Präsident des Europa-Parlaments, war sichtlich zufrieden. "Die Iren haben gezeigt, dass sie sich der EU verpflichtet fühlen und dass sie im Herzen Europas bleiben wollen“. In Deutschland erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel, sie sei "sehr glücklich über den Ausgang des Referendums".
Neue Spielregeln für die Union
Keine Frage: Mit dem Ja aus Irland hat die EU eine entscheidende Hürde genommen, um nach vielen Jahren die Reform der EU doch noch zu schaffen. Der EU-Reformvertrag von Lissabon soll die EU auf eine neue Grundlage stellen und ihr neue Spielregeln geben. Denn mit mittlerweile 27 Mitgliedsländern ist der Betrieb in Brüssel sehr schwerfällig geworden. Die Entscheidungsprozesse sollen einfacher werden, das Europa-Parlament soll mehr Rechte bekommen. Auch in in der Außenpolitik mehr Europa geben als bisher - in Gestalt eines europäischen Außenministers.
"Demokratischer, effizienter und transparenter"
"Ich glaube fest daran, dass der Lissabon-Vertrag die EU demokratischer, effizienter und transparenter machen wird", sagte der schwedische Ministerpräsident Fredrick Reinfeldt, zur Zeit EU-Vorsitzender. Deshalb müsse man nun alles tun, um den Vertrag in Kraft zu setzen.
Denn noch sind nicht alle Hürden genommen: Sowohl der polnische als auch der tschechische Präsident müssen den Vertrag noch unterschreiben. Polens Präsident Lech Kaczynski hat erklärt, das tun zu wollen, sobald die Iren dem Lissabon-Vertrag zugestimmt haben.
Diplomatischer Druck auf die Prager Politik
Sorgen macht man sich in Brüssel dagegen um Tschechien: Dort läuft noch eine Verfassungsklage gegen den Reformvertrag. Noch problematischer ist allerdings, dass Präsident Vaclav Klaus als entschiedener Gegner des Vertrages gilt.
"Der Lissabon-Vertrag ist bereits vom tschechischen Parlament bestätigt worden. Und das Parlament ist der Souverän in Tschechien. Ich bin deshalb überzeugt, dass das klappen wird", schrieb EU-Kommissionspräsident Barroso dem tschechischen Präsidenten ins Stammbuch. In der kommenden Woche will die EU den diplomatischen Druck auf Prag erhöhen - bereits am Mittwoch ist ein Spitzengespräch in Brüssel mit dem tschechischen Premierminister Jan Fischer geplant.
Dessen Ausgang ist offen. Insofern bleibt auch nach dem Ja aus Irland unklar, was aus dem Lissabon-Vertrag und der Reform der EU wird.