EU-Reformvertrag bei Referendum angenommen Iren sagen Tá zu Europa
Beim zweiten Mal hat es geklappt: Die Iren haben den EU-Reformvertrag angenommen. 67,1 Prozent der Wähler stimmten dafür, 32,9 Prozent dagegen. Ministerpräsident Cowen sprach von einer "Willenserklärung für Europa". Die EU-Ratspräsidentschaft will nun schnell die weitere Ratifizierung vorantreiben.
Die Iren haben eines der letzten großen Hindernisse für den EU-Reformvertrag aus dem Weg geräumt. Beim zweiten Referendum segneten sie das Vertragswerk von Lissabon mit deutlicher Mehrheit ab. Nach Angaben der Wahlkommission stimmten 67,13 Prozent der Wähler für den Vertrag. 32,87 Prozent lehnten ihn ab. An der gestrigen Abstimmung hatten sich 59 Prozent der 3,1 Millionen Wahlberechtigten beteiligt. Nur in zwei von 43 Wahlbezirken - Donegal Nordost und Donegal Südwest - erreichten die Gegner des Vertrags eine knappe Mehrheit. Beim ersten Referendum im Juni vergangenen Jahres hatten noch 53,4 Prozent gegen den Vertrag gestimmt.
Angesichts der sich abzeichnenden Mehrheit hatte Ministerpräsident Brian Cowen bereits vor Auszählung aller Stimmen den Sieg für das Lager der Befürworter verkündet. Die Abstimmung sei "eine Willenserklärung, im Herzen Europas zu bleiben", sagte Cowen. "Wir haben das Richtige für unsere Zukunft und die Zukunft unsere Kinder getan", fügte er in seiner ersten Reaktion in Dublin hinzu. Das "Ja" zum Reformvertrag mache Europa stärker und fairer.
Freude bei Ministerpräsident Cowen: "Eine Willenserklärung, im Herzen Europas zu bleiben"
Das Ergebnis sei "gut für Irland", betonte Außenminister Micheal Martin gegenüber dem Sender RTE. Etwa poetischer drückte es Dick Roche, der Minister für Europafragen, aus. "Ich lächle. Und wenn man lächelt, dann lächelt die ganze Welt mit Dir", sagte er der ARD.
Enttäuschung bei den Vertragsgegnern
Die beiden prominentesten Gegner des Reformvertrags hatten bereits am Mittag ihre Niederlage eingeräumt. Declan Ganley, der Chef der Anti-Europa-Kampagne Libertas, zeigte sich gegenüber der ARD resigniert: "Ich bin enttäuscht. Die Leute haben geglaubt, dass ein 'Nein' schlimme wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen würde. Sie wurden vor dem Ruin gewarnt. In einem solchen Klima ist es schwer, eine offene Debatte zu führen." Er sei aber überzeugt, dass das Herumlavieren Irland in der EU nicht geschadet habe.
Lissabon-Gegner Ganley sprach von einem "sehr überzeugenden Sieg" für die EU-Befürworter.
"Gute Nachricht" für Irland und Europa
Im Rest der Europäischen Union wurde das "Ja" der Iren mit großer Erleichterung aufgenommen. Schwedens Außenminister Carl Bildt, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, kommentierte in seinem Blog: "Dies ist ein wichtiger Sieg für Irland - und für ganz Europa."
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte die Zustimmung der Iren zum EU-Reformvertrag. "Ich möchte das irische Volk beglückwünschen zu dem Ergebnis des Referendums", sagte Merkel am Rande der Feiern zum Tag der Deutschen Einheit in Saarbrücken. "Es ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Lissabon-Vertrag und ich darf sagen: Deutschland ist an seinem Tag der Deutschen Einheit sehr glücklich über den Ausgang des Referendums".
Stockholm erhöht Druck auf Prag und Warschau
Die schwedische Ratspräsidentschaft will nun möglichst schnell in Warschau und Prag für die dortige Ratifizierung des Vertragswerks werben. Der Regierungschef und amtierende Ratspräsident Fredrik Reinfeldt kündigte an, dass er sich am kommenden Mittwoch in Brüssel mit dem tschechischen Regierungschef Jan Fischer und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso treffen will.
In Tschechien steht neben der Unterschrift von Staatspräsident Vaclav Klaus auch noch eine Entscheidung des Verfassungsgerichts in Prag aus. Man rechne mit zwei bis drei Wochen, bis diese vorliege, sagte Reinfeldt. Zur ebenfalls noch offenen Unterschrift des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski meinte Reinfeldt, diese sei in absehbarer Zeit zu erwarten. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk sah den Weg zur Annahme des Vertrages geebnet. Er hoffe, dass Präsident Lech Kaczynski seine Ankündigung umsetze und das Dokument sehr schnell unterzeichne, sagte Tusk. Niemand wolle, dass Polen als ein Bremser des Ratifikationsprozesses gelte.
Erst mit der Ratifizierung in Warschau und Prag kann die Reform der EU-Institutionen in Kraft treten.
Irisches Nein 2008 stürzte EU in die Krise
Das Scheitern der ersten Volksabstimmung vor 15 Monaten hatte die Europäische Union in eine tiefe Krise gestürzt. Seither hat sich die Einstellung der Iren zur EU allerdings gewandelt. Zum einen hat die EU die irischen Sorgen mit Souveränitätsgarantien in der Sozial- und Sicherheitspolitik zu entkräften versucht. Zum anderen hat die Unterstützung aus Brüssel dem Land geholfen, die Auswirkungen der Wirtschaftskrise abzufedern.