EU-Gipfel hat begonnen Kleinkrieg um den Klimaschutz
Die Staats- und Regierungschefs der EU sind zu ihrem Frühjahrsgipfel zusammengekommen. Neben dem deutsch-französischen Vorschlag einer Mittelmeerunion wird der Klimaschutz eines der zentralen Themen sein. Befürchtet wird ein Kleinkrieg um nationale Interessen.
Von Peter Heilbrunner, SWR-Hörfunkstudio Brüssel
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hat vor Beginn des Gipfels an die 27 appelliert, den Worten nun auch die Taten folgen zu lassen. Das sei eine Frage der politischen Logik und der Glaubwürdigkeit Europas, sagt der Portugiese.
20 Prozent weniger Kohlendioxid wollen die Europäer bis 2020 in die Luft blasen - wenn andere Staaten unter dem Dach der Vereinten Nationen sich zu ebenso ambitionierten Klimaschutz-Zielen bekennen, will Europa sogar um 30 Prozent abspecken. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sich die EU-Staaten jedoch ordentlich anstrengen. Deutschland beispielsweise muss den Treibhausgasausstoß deutlich stärker reduzieren als von der Bundesregierung vorgesehen. Und Frankreich muss bei den so genannten erneuerbaren Energien nachlegen - der französische Atomstrom allein rettet die Klimabilanz des Landes nicht.
Das Problem dabei: Klimaschutz gibt’s nicht zum Nulltarif - je strenger die Auflagen, desto höher die Kosten. Und deshalb werden sämtliche Staats- und Regierungschefs versuchen, die Belastung für das eigene Land so gering wie möglich zu halten.
Rebecca Harms, Grünen-Umweltexpertin im Europaparlament, befürchtet schon, dass Europa seine Führungsrolle im Kampf gegen die Erderwärmung verlieren wird. Wenn dieses Paket weiter durch die Einflussnahme der Energie- oder Autoindustrie abgeschliffen würde, warnt sie, dann werde die EU es in den internationalen Klimaschutz-Verhandlungen schwer haben.
Kampf um handfeste Industrieinteressen
Merkel dürfte das nicht davon abhalten, sich für handfeste deutsche Industrieinteressen einzusetzen. Denn die deutschen Autohersteller laufen Sturm gegen die CO2-Abgasgrenzwerte bei Neuwagen. Sie fühlen sich gegenüber südeuropäischen Herstellern von Kleinwagen benachteiligt - die Kanzlerin wird deshalb Korrekturen an den Brüsseler Vorschlägen fordern. Diese seien pure Industriepolitik zu Lasten der deutschen Automobilindustrie – seit Wochen ist diese Klage aus Berlin zu vernehmen, egal ob aus dem Kanzleramt oder dem Umweltministerium.
Die Staats- und Regierungschefs werden sich nun zum ersten Mal mit den Vorschlägen aus Brüssel beschäftigen - die Streitfragen dürften dabei allenfalls angerissen werden. Doch die Zeit drängt: Spätestens im Frühjahr kommenden Jahres soll das Klimapaket verabschiedet werden. Die Debatte darüber dürfte schon bald wieder an Fahrt gewinnen.