Konzept für Mittelmeerunion Teurer Kompromiss, neuer Ärger
Eine "Union für das Mittelmeer" wollen Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy ihren EU-Partnern während eines gemeinsamen Abendessens schmackhaft machen. Gestern hatten sie ihre Pläne dazu vorgestellt. "Zu teuer", schallte es ihnen schon zu Beginn des Gipfels entgegen.
Von Irmtraud Richardson, BR-Hörfunkstudio Brüssel
Angela Merkel hat früh erkannt: "Wenn Deutschland und Frankreich sich nicht einig sind, dann wird es in Europa ziemlich schwierig, eine Einigung zu bekommen. Und deshalb, glaube ich, haben wir auch eine gemeinsame Verantwortung."
Und deshalb ist die Bundeskanzlerin auf den Kurs des französischen Staatspräsidenten Nicholas Sarkozy eingeschwenkt und macht sich ebenfalls für die von diesem vorgeschlagene Mittelmeer-Union stark. Gemeinsam werden sie heute ihren Kollegen ein Arbeitspapier präsentieren, in dem detailliert aufgeführt ist, wie eine solche "Union für das Mittelmeer" – so der offizielle Titel – funktionieren könnte und welche Strukturen geschaffen werden müssen.
Viele hochbezahlte Jobs
Eines ist schon jetzt ersichtlich: Es wird zahlreiche zusätzliche hochbezahlte Arbeitsplätze geben – zwei Direktoren und ein Sekretariat mit 20 Mitarbeitern. Gerecht verteilt auf EU-Bürger einerseits und Staatsangehörige der südlichen Mittelmeeranrainer, wie zum Beispiel Algerien, Marokko oder Israel, andererseits. In den ersten Jahren werden vor allem die EU-Mitglieder mit einer Mittelmeerküste zum Zuge kommen.
Das Ganze dient dazu, die Zusammenarbeit zwischen der EU und ihren südlichen Nachbarn jenseits des Mittelmeers zu verbessern - durch mehr Förderung, mehr Handel und bessere Wirtschaftsbeziehungen. Zwar gibt es bereits seit etwas mehr als zehn Jahren den sogenannten Barcelona-Prozess, der genau das auch anstrebt – doch jetzt soll alles besser werden.
Merkel setzt sich durch
Angela Merkel hat sich vor diesen Karren erst dann spannen lassen, nachdem Sarkozy bereit war, eine wichtige Forderung der Bundeskanzlerin zu erfüllen. Ursprünglich hatte er nämlich mit einer Mittelmeerunion geliebäugelt, die nur die südlichen EU-Staaten und die Nicht-EU-Nachbarn umfassen sollte. Die Union innerhalb der Europäischen Union gewissermaßen. Nicht mit uns, hieß es dazu aus Berlin.
Es wurde verhandelt und Merkel konnte vor kurzem, noch rechtzeitig zu diesem Gipfeltreffen verkünden: "Das Kind sozusagen soll 'Mittelmeer-Union' genannt werden - und es wird ein Projekt aller 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union sein."
Kritik aus dem Norden
Ein Projekt aller 27 – da darf sich die Bundeskanzlerin gar nicht so sicher sein. Denn bereits vor Beginn dieses Europäischen Rates ist klar, dass längst nicht alle 27 mit dem französisch-deutschen Vorstoß einverstanden sind. Die skandinavischen EU-Länder zum Beispiel nicht, Großbritannien und Österreich auch nicht. Das wird alles zu teuer, ist die allgemeine Klage – denn in den kommenden Jahren sollen zig Milliarden Euro an Fördergeld zugunsten der Partner in den südlichen Mittelmeerraum fließen.
Am 13. Juli soll die "Union für das Mittelmeer" offiziell aus der Taufe gehoben werden. Heute versuchen Merkel und Sarkozy im Tandem, alle für diese Idee zu begeistern. Denn Streit soll es bitte nicht geben. In einer Phase, in der die Ratifizierung des Reformvertrags der Europäischen Union auf Hochtouren läuft, soll alles vermieden werden, was auf Spaltung innerhalb der EU deuten könnte.