Kommission will Rechte für Asylsuchende angleichen Deutschland blockiert EU-einheitliches Asylrecht
In den 27 EU-Mitgliedsländern gelten derzeit völlig unterschiedliche Asylrechte. Das will die belgische EU-Ratspräsidentschaft ändern. Dabei stößt sie auf erbitterten Widerstand. Die Bundesregierung fürchtet beispielsweise, dass "bewährte Verfahren" untergraben werden.
Von Christoph Prössl, NDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die gemeinsame Asylpolitik in der Europäischen Union kennt derzeit Grenzen: Bis auf wenige Ausnahmen macht jedes Land, was es will. Die belgische Ratspräsidentschaft möchte das ändern und zieht dabei mit der Kommission an einem Strang. Bis 2012 soll ein gemeinsames Asylsystem entstehen. Das haben die Mitgliedsländer bereits beschlossen. Gestritten wird um die Details.
Ein gemeinsames Asylbüro, als Ratgeber für die Mitgliedsstaaten, das können sich die meisten Regierungen noch vorstellen – auch Deutschland. Aber mehr? "Bei den anderen Kommissionsvorschlägen befinden wir uns zurzeit in sehr schwierigen Verhandlungen, und wir haben als Bundesrepublik Deutschland bei den gerade diskutierten Richtlinien Bedenken angemeldet", kommentiert Ole Schröder, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, die Verhandlungen. Auch Frankreich und Großbritannien teilen diese Bedenken.
Die Vorschläge der Kommission sehen unter anderem vor, dass die Asylverfahren beschleunigt werden. Flüchtlinge sollen innerhalb von sechs Monaten einen positiven oder negativen Bescheid bekommen. Außerdem soll das Verfahren bestimmten Mindeststandards entsprechen. Asylbewerber, so die Idee, erhalten für die Gespräche mit den Behörden einen Dolmetscher und ihnen soll der Einspruch möglich sein.
Mindeststandards schaffen Bedenken
Es sind genau diese Mindeststandards, die Bedenken bei der Bundesregierung auslösen. Sie könnten das von ihr bisher angewandte schnelle Flughafen-Asylverfahren kippen. Bei diesem Verfahren werden Flüchtlinge noch im Transitbereich befragt. Wenn die Behörden begründen können, dass die Flüchtlinge nicht politisch verfolgt werden, dürfen sie umgehend zurückgeschickt werden. Die Kommissionsvorschläge würden dieses schnelle Verfahren aber in Frage stellen.
"Bisher galt das Flughafen-Verfahren für alle Personen, das soll jetzt nicht mehr so sein", sagt Schröder. Bislang sei das Flughafen-Verfahren bei fehlendem oder ungültigem Pass anwendbar gewesen. Nach dem Kommissionsvorschlag sei es aber ausdrücklich nicht mehr anwendbar, weder bei fehlendem oder ungültigem Pass, noch bei Täuschungsvorsatz und beim Gebrauch falscher Dokumente.
Deutsches Asylrecht soll erhalten bleiben
Grundsätzlich gehe es der Bundesregierung darum, das deutsche Asylverfahren nicht zu verändern. So betonte Schröder: "Wir wollen unser bewährtes deutsches Asylsystem erhalten. Das bedeutet, dass diejenigen, die schutzbedürftig sind, und die politisch verfolgt werden, auch Schutz erhalten." Es bedeute aber auch genauso, dass diejenigen, die das deutsche Asylrecht missbrauchen kein Asyl erhalten.
Deutschland weigert sich auch, die sogenannte Dublin-Richtlinie zu überdenken. Die besagt, dass Flüchtlinge an dem Ort ihren Antrag stellen müssen, an dem sie als erstes in Europa angekommen sind. Insbesondere Griechenland, Malta und Italien haben deshalb in den vergangenen Monaten immer wieder um mehr Solidarität in der EU gebeten und den Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass andere Länder Flüchtlinge aufnehmen.
Im Bereich Asylpolitik warten schwierige Verhandlungen auf die EU. Es ist unwahrscheinlich, dass die Kommission ihr Ziel erreicht, eine Einigung bis 2012 herbeizuführen.