Innenminister suchen nach Lösung Der lange Streit über die EU-Asylpolitik
So sehr die Europäer in der Kunst der Kompromisses geübt sind - wenn es um die Asylpolitik geht, ist der Wille zur Einigung verschwindend gering. Darunter leiden vor allem Malta und Italien, die viele Flüchtlinge aus Afrika aufnehmen. Heute beraten die EU-Innenminister darüber.
Von Michael Götschenberg, MDR-Hörfunk Brüssel, zurzeit Stockholm
Jedes Jahr machen sich Zehntausende auf den Weg in ein besseres Leben, in kleinen Booten kommen sie von Nordafrika übers Mittelmeer - ihr Ziel sind die Küsten von Italien, Malta oder Spanien. Am Ende werden sie aufgegriffen von den Schiffen der Küstenwache.
Vor allem das kleine Malta ächzt unter der Last von Tausenden Flüchtlingen, aber die Forderungen nach europäischer Solidarität waren bisher weitgehend ergebnislos. "Wir brauchen eine konkrete europäische Solidarität, die wesentlich effizienter ist als bisher", meint auch EU-Innenkommissar Jacques Barrot.
Verbindliche Lösungen bisher nicht erwünscht
Doch bisher wollten sich die Innenminister der anderen EU-Länder nur auf freiwillige Zusagen einlassen - auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble lehnt verbindliche Absprachen oder einen Verteilungsschlüssel innerhalb der EU ab.
Italien hat derweil zu drastischen Maßnahmen gegriffen, um das Problem in den Griff zu bekommen: Die italienische Regierung hat ein Abkommen mit Libyen geschlossen, wonach Flüchtlingsboote direkt auf hoher See nach Libyen zurückgeschickt werden können.
Menschenrechtsorganisationen laufen Sturm dagegen, und selbst in Italien gibt es massive Kritik. "Wir müssen enger mit den Ländern Nordafrikas zusammenarbeiten", fordert auch der EU-Innenkommissar.
Einigung nicht absehbar
Aber auch Barrot ist gegen die Abschiebepraxis der Italiener, bei der die Bootsflüchtlinge nicht einmal mehr die Chance haben, einen Asylantrag zu stellen. Eine EU-weite Lösung für das Problem der Bootsflüchtlinge ist nicht in Sicht.
Aber damit nicht genug: so gering die Bereitschaft ist, Asylbewerber über die ganze EU zu verteilen, so weit gehen die Meinungen auseinander, wer überhaupt Anspruch auf Asyl hat. Ein Tschetschene beispielsweise, der in Deutschland Asyl beantragt, wird im Allgemeinen abgewiesen - in Österreich dagegen bekommt er Asyl.
"In welchem EU-Land man seinen Asylantrag einreicht, ist mittlerweile wichtiger als die Frage, warum man überhaupt Asyl beantragt", sagt der schwedische Migrationsminister Tobias Billström. Die Schweden haben zur Zeit den Vorsitz in der EU. Sie haben sich vorgenommen, auf diese Fragen bis Ende des Jahres eine Antwort zu finden. Bis dahin gilt es noch, dicke Bretter zu bohren.