EU-Parlament stimmt über Abkommen ab Einig mit Ukraine, uneins über Russland
Wenn die EU-Parlamentarier heute über ein Partnerschaftsabkommen mit der Ukraine abstimmen, gilt eine Mehrheit als sicher. Uneinigkeit herrscht allerdings über ein Zugeständnis an Russland - und dessen Konsequenzen.
Unterschriften - geleistete und verweigerte - können den Lauf der Weltgeschichte verändern. Das wusste der ukrainische Präsident Petro Poroschenko genau, als der Ende Juni in Brüssel seinen Namenszug unter das Partnerschafts-Abkommen mit der EU setzte: "Mit dem selben Stift" unterzeichne er - Poroschenko - nun, was eigentlich schon sein Vorgänger Viktor Janukowitsch hätte tun sollen.
Janukowitsch weigerte sich - auf russischen Druck hin - vergangenes Jahr allerdings, jenen Stift zur Hand zu nehmen, der sein Land dichter an die EU heranführen sollte. Damit löste er die Massenproteste in Kiew und damit die Ukraine-Krise überhaupt erst aus.
In der Ukraine seien vor allem junge Menschen wegen des Assoziierungsabkommens mit der EU aufgestanden, sagt der Vorsitzende der konservativen Fraktion im EU-Parlament, der CSU-Politiker Manfred Weber: "Wegen dem Symbolthema für die Westorientierung, für die Werteorientierung Richtung Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit. Weber forderte alle EU-Parlamentarier auf, dem Assoziierungsabkommen mit der Ukraine ihre Stimme zu geben.
1200 Seiten ist jenes Vertragswerk dick. Es sieht unter anderem vor, eine riesige Freihandelszone zu schaffen, um Waren auszutauschen - aber auch Werte: Wobei es eher darum geht, die Werte der EU in die Ukraine zu exportieren. "Wir glauben an offene Gesellschaften, offene Wirtschaftsräume, offene Regionen. Diese Abkommen sind für etwas, nicht gegen irgendjemanden", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.
Russland sieht das etwas anders ...
Russland sieht das etwas anders und wollte mehr als 2000 Änderungsvorschläge des Abkommen durchgesetzt wissen. Andernfalls drohte Moskau mit einem Handelskrieg gegen die Ukraine.
EU-Handelskommissar Karel de Gucht kündigte an, die Anwendung des Freihandelsabkommens auf den 31. Dezember 2015 zu verschieben. Damit ist die EU Russland doch noch entgegengekommen. Am Vertragstext selbst wird zwar nichts verändert, doch die ukrainischen Zollschranken für europäische Waren werden erst Ende 2015 fallen - aus Rücksicht auf den russischen Markt.
Wie wird der Kreml mit dem Zugeständnis umgehen?
Es gebe eigentlich keinen Grund für Zugeständnisse, sagte die Osteuropa-Expertin Amanda Paul von der Denkfabrik European Policy Center. Es sei oft gesagt worden, dass das Freihandelsabkommen der russischen Wirtschaft nicht schadet, sondern diese davon sogar profitieren könne.
Paul befürchtet allerdings, dass Moskau diese Taktik nicht das letzte Mal angewendet hat, wenn es erst sehe, dass es damit erfolgreich gewesen sei. Bei der EU hofft man dagegen, mit dem Zugeständnis ein Einschwenken Russlands auf einen echten Friedenskurs in der Ukraine erkauft zu haben.