EU-Beratungen zu Polen Bestrafen - oder abwarten?
Lange galt es als sicher, dass die EU-Kommission wegen der umstritten Justizreform ein Strafverfahren gegen Polen einleitet. Doch das überraschende Veto des polnischen Präsidenten Duda gegen die Reform lässt die Kommission zögern.
Es ist ein äußerst heikles Thema, mit dem sich die EU-Kommission auf ihrer letzten Sitzung vor der Sommerpause befassen muss: Noch vor wenigen Tagen galt es in Brüssel als ausgemacht, dass sie ein Zeichen setzt - und ein Strafverfahren gegen Warschau auf den Weg bringt.
Keine Sofortmaßnahmen?
Doch dann nahmen die Dinge in Polen eine unerwartete Wendung: Präsident Andrzej Duda kündigte an, Teile der umstrittenen Justizreform zu blockieren. Seitdem gilt es nun als wahrscheinlicher, dass Brüssel den Druck auf die Warschauer Regierung zwar nicht abflauen lassen wird, aber auch nicht sofort Strafmaßnahmen anstrengt. Die Vollversammlung der EU-Kommissare wird heute darüber endgültig befinden.
Denkbar ist, dass ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren so vorbereitet wird, dass es notfalls auch während der Sommerpause gestartet werden kann. Kommt es dazu, könnten sich Brüssel und Warschau eines Tages vor dem Europäischen Gerichtshof wiedersehen, bei einer Verurteilung drohen Geldstrafen.
Tonlage verschärft
Bereits am vergangenen Mittwoch hatte die EU-Kommission die Tonlage gegenüber Polen unmissverständlich verschärft und erstmals wegen der umstrittenen Justizreform mit Sanktionen gedroht. Würden die geplanten Reformen allesamt verabschiedet, warnte Kommissionsvize Frans Timmermans, würde dies "jegliche noch vorhandene richterliche Unabhängigkeit beseitigen und die Justiz unter volle Kontrolle der Regierung in Warschau stellen", sagte Timmermans.
Parallel zum Strafverfahren schloss Brüssel ausdrücklich auch ein Vorgehen nicht mehr aus, das am Ende sogar zum Entzug des Stimmrechts Polens bei wichtigen EU-Entscheidungen führen könnte. Diesen Weg zu beschreiten, gilt allerdings als risikoreich. Weil Ungarn bereits angekündigt hatte, hier nicht mitzuspielen. Für die Durchsetzung dieser Art von Sanktionen ist aber Einstimmigkeit unter den EU-Staaten nötig.