Neuer EU-Haushaltskommissar Oettinger - der umstrittene Aufsteiger
EU-Kommissar Oettinger muss nach seiner Beförderung zum Haushaltskommissar heute dem EU-Parlament Rede und Antwort stehen. Die Abgeordneten können dessen Ernennung nicht stoppen - kritische Fragen zur "Schlitzaugen"-Affäre und einer Reise wird es aber geben.
Günther Oettinger ist ein Phänomen. In der EU-Kommission macht er seit 2010 Karriere. Seitdem ist der CDU-Mann für wichtige Fachgebiete zuständig. Zunächst für Energie, dann für Digitales. Jetzt ist Oettinger Vizepräsident der Kommission, zuständig für den EU-Haushalt in Höhe von rund 160 Milliarden Euro und Personalchef für etwa 33.000 EU-Mitarbeiter. Ein Aufstieg für den 63-Jährigen.
Bei öffentlichen Auftritten wirkt der Schwabe oft fachlich steif und sprachlich ungelenk. Vor allem, wenn Oettinger "Denglisch" spricht - eine Mischung aus Deutsch und Englisch. Der ehrgeizige Schwabe scheint seine Schwäche mit Humor zu nehmen. Oder: Schwächen interessieren ihn nicht.
Zwischen Stammtischparolen und Altherrenwitz
Sein Englisch, seine Sprüche sind sein Markenzeichen geworden. Sprüche, wie in seiner Rede vor Unternehmern in Hamburg, die ein Teilnehmer mit seinem Handy filmte und ins Internet stellte. Darin äußerte sich Oettinger geringschätzig über die Frauenquote, die Mütterrente, über eine angebliche "Pflicht-Homoehe".
Und er verunglimpfte Chinesen als "Schlitzaugen" und äußerte sich abfällig über eine chinesische Regierungsdelegation. "Alle im Anzug, Einreiher, dunkelblau. Alle Haare von links nach rechts mit schwarzer Schuhcreme gekämmt", hieß es da. Die Lacher im Publikum zeigen: Es gibt offenbar etliche Leute, die Oettingers Sprüche zwischen Stammtischparolen und Altherrenwitz mögen.
"Frei von der Leber - as we say in German"
Am Ende entschuldigte sich Oettinger - nach knapp einer Woche, nach viel Druck aus der Öffentlichkeit, der Medien und von seinem Chef, Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Seine Worte hätten schlechte Gefühle hervorgerufen, sie könnten Menschen verletzt haben, das sei nicht seine Absicht gewesen, sagte Oettinger. Er fügte aber hinzu, in seiner frei gehaltenen Rede sei er offen und ehrlich gewesen: "I was frank and open. It wasn't a speech read out. But frei von der Leber - as we say in German."
Ein Flug mit "Mr. Russia"
Nur zwei Wochen später: Oettingers umstrittener Flug nach Budapest - im Privatjet von Klaus Mangold, russischer Honorarkonsul in Oettingers Heimatbundesland Baden-Württemberg und Lobbyist für die Interessen der russischen Regierung. Daher ist Mangold in Brüssel auch als "Mr. Russia" bekannt.
Nach Kritik - auch von seinem Chef Juncker - entschuldigte sich Oettinger.
"Günther Oettinger hat die Ethikregeln der Europäischen Union, also seine eigenen, ignoriert", kritisierte die Grünen-Europaabgeordnete Rebecca Harms. Die Ethikregeln verbieten, dass Mitarbeiter der Kommission Geschenke im Wert von mehr als 150 Euro annehmen. Der Flug wäre deutlich teurer gewesen.
Oettinger wies alle Vorwürfe zurück: Die ungarische Regierung habe den Flug bezahlt und er habe ihn angenommen, um pünktlich zu einem Abendessen mit Regierungschef Viktor Orban anzukommen. Was bleibt, hat "Geschmäckle".
Günther Oettinger war mit dem Jahreswechsel zum EU-Haushaltskommissar befördert worden. Heute ab 18 Uhr muss er sich Fragen im Europaparlament stellen. Bei der zweistündigen Anhörung durch die zuständigen Ausschüsse soll es vor allem um die Budget- und Personalpläne der EU-Kommission für die kommenden Jahre gehen. Mehrere Abgeordnete wollen den zuletzt für das Ressort Digitalwirtschaft zuständigen Deutschen allerdings auch zu den beiden Affären des vergangenen Jahres befragen.
Nach der Befragung geben die Ausschüsse eine Empfehlung an das Parlamentspräsidium ab. Verhindern kann das Parlament Oettingers Ernennung nicht, es könnte nur die Kommission insgesamt durch einen Misstrauensantrag zu Fall bringen.
"Der Trainer heißt Jean-Claude Juncker"
Fachlich gesehen hat Oettinger ein paar wichtige Dinge erreicht: Als Energiekommissar vermittelte er im Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland. Als Digitalkommissar sorgte er mit für die Abschaffung der Roaminggebühren.
Ebenfalls ganz wichtig: Oettinger hat die Rückendeckung von Kommissionspräsident Juncker, der wie er einer konservativen Partei angehört. "Ich bin offen, es ist wie im Fußball. Der Trainer heißt Jean-Claude Juncker. Ich bin einer der Spieler. Ich muss von der Ersatzbank, vom Tor bis zum Linksaußen alles machen", sagte Oettinger, als er vom Energieressort zum Digitalen wechselte.
Nun ist Günther Oettinger Haushaltskommissar und schaut aufs Geld. Das meiste davon wird in diesem Jahr in Europa für Wirtschaftswachstum und die Flüchtlingskrise ausgegeben. Es wird spannend, wie sich der neue Haushaltskommissar Oettinger schlagen wird.