Künftige Handelsgespräche EU legt rote Linien für London fest
Ein zollfreies Freihandelsabkommen, im Gegenzug aber fairer Wettbewerb und kein Sozialdumping - die EU-Staaten haben ihr Mandat für die künftigen Verhandlungen mit Großbritannien verabschiedet.
Ab März wollen die Europäische Union und London über ihre künftigen Beziehungen nach dem Brexit verhandeln. Nun haben die 27 EU-Staaten ihre roten Linien zum künftigen Verhältnis zu Großbritannien abgesteckt und das Mandat für ihren Verhandlungsführer Michel Barnier beschlossen.
Es stellt London ein Freihandelsabkommen ohne Zölle und mengenmäßige Beschränkungen in Aussicht, verlangt aber Garantien für faire Wettbewerbsbedingungen, um Sozial- und Umweltdumping zu verhindern.
Hauptsache fairer Wettbewerb
Die Verhandlungen sollen bis Oktober dauern. Sie stehen entsprechend unter hohem Zeitdruck. Im Mittelpunkt steht ein fairer Wettbewerb. "Es darf zu keinem Sozialdumping kommen, es darf zu keinem Umweltdumping kommen", sagte Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD).
Ähnlich äußerte sich die französische Staatssekretärin Amélie de Montchalin. Es gehe darum, "die Interessen der Europäer zu schützen". Es werde Kontrollen zu künftigen Abmachungen und Klauseln für Sanktionen geben, falls die Vereinbarungen nicht eingehalten würden, sagte de Montchalin.
Sowohl Roth als auch de Montchalin betonten die Einigkeit, mit der die 27 EU-Staaten den Verhandlungen mit London entgegensähen. "Wir dürfen uns nicht auseinanderdividieren lassen", sagte Roth.
Die Staatssekretärin für den kroatischen Ratsvorsitz , Andreja Metelko-Zgombic sagte, Europa biete eine "substanzielle, ehrgeizige, ausgewogene, weit reichende Partnerschaft an". Die EU habe dafür ein "präzise definiertes" Mandat erarbeitet.
Das 46 Seiten umfassende Verhandlungsmandat betont die Bedeutung eines fairen Wettbewerbs, dessen Regeln von belastbaren Zusagen getragen sein müssen. Bereits jetzt ist absehbar, dass es über viele Themen Streit geben wird. Eine Einigung bis zum Herbst ist alles andere als sicher.
Viele Konfliktthemen
Konflikthemen sind unter anderem Regeln gegen Sozial- und Steuerdumping. Ziel Brüssels ist es, Dumping bei Sozial- und Arbeitsstandards, Umweltschutz, Staatsbeihilfen oder Steuern zu verhindern. London will sich jedoch vertraglich nicht auf EU-Vorgaben festlegen.
Auch eine Vereinbarung über Fischerei könnte schwierig werden. Chefunterhändler Barnier zufolge muss es gegenseitigen Zugang zu Märkten und Fischereigründen nach Quoten geben. Großbritanniens Premierminister Boris Johnson will dagegen die "Kontrolle" über die britischen Gewässer für seine Fischer "zurückzugewinnen". Weitere Knackpunkte sind zukünftige Regelungen von Finanzdienstleistungen, Datenschutz und der EU-Gerichtsbarkeit.
Großbritannien war in der Nacht zum 1. Februar aus der EU ausgetreten. Nun gilt eine Übergangsphase bis zum Jahresende, in der sich fast nichts ändert. In der Zeit will London die Beziehungen zu Brüssel neu ordnen. Die Frist ist jedoch sehr knapp bemessen. Eine Verlängerungsoption, die bis Juli offensteht, lehnt Johnson kategorisch ab. Gelingt keine Einigung, droht wieder ein harter Bruch mit schweren Folgen für die Wirtschaft.