Nach dem Brexit Briten rüsten sich für Fischereikonflikt
Bis Jahresende wollen Briten und die EU nach dem Brexit über ihre künftigen Beziehungen verhandeln, auch über das heikle Thema Fischerei. Wer darf wo fischen? Die Briten rüsten schon mal massiv ihren Küstenschutz auf.
Die britischen Medien erinnern bereits wieder an den Kabeljau-Krieg der 1970er Jahre. Damals kämpften die britischen Fischer vor allem gegen ihre isländischen Kollegen. Sie kappten sich gegenseitig die Netze, Kutter und Trawler, rammten sich gegenseitig, gelegentlich kam es sogar zu Schusswechseln. Die Royal Navy war damals zeitweise mit 22 Fregatten im Einsatz, um die Interessen der britischen Fischer zu schützen.
22 neue Fischereischutzschiffe bestellt
Noch ist es nicht wieder so weit. Aber die Royal Navy hat bereits zwei neue Fischereischutz-Schiffe angeheuert. Bis Ende des Jahres sollen 22 weitere Schiffe hinzu kommen. Auch zwei neue Überwachungsflugzeuge sollen zum Einsatz kommen. Bislang haben die Briten nur fünf Schiffe für den Küstenschutz und einen Hubschrauber. Das Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei will außerdem 30 neue Kontrolloffiziere einstellen.
Premier Johnson will den "Geist der Seefahrernation wiederbeleben".
"Britische Fanggründe zuerst für britische Schiffe"
Premierminister Boris Johnson hatte am Montag im Royal Naval College die Marschrichtung für die Verhandlungen mit der EU vorgegeben. Großbritannien werde Ende des Jahres wieder ein unabhängiger Küstenstaat und übernehme die Kontrolle über die eigenen Gewässer. "Wir werden dann jährlich unter Beachtung wissenschaftlicher Erkenntnisse neue Fangquoten mit der EU aushandeln und dafür sorgen, dass die britischen Fanggründe zuerst und vor allem für britische Schiffe reserviert werden. Wir wollen dann den Geist einer Seefahrernation wiederbeleben, der uns nicht nur reich gemacht hat, sondern vor allem eine globale Perspektive gegeben hat."
Ende des Jahres, am Ende der Übergangsperiode, werden die Briten, die jetzt nicht mehr Mitglied der EU sind, auch aus der gemeinsamen Fischereipolitik aussteigen, die bisher die Fangquoten in den EU-Gewässern einschließlich der britischen regelt. Was danach kommt, ist offen. Die Fischerei, obwohl für die britische und die EU-Wirtschaft von geringer Bedeutung, hat auf beiden Seiten hohes Erregungspotenzial.
Streit mit Frankreich, Belgien und Dänemark programmiert
Vor allem Franzosen, Belgier und Dänen könnten hier in den kommenden Verhandlungen über die künftigen Beziehungen nach dem Brexit mit den Briten kollidieren. Ein Sprecher des Fischereiministeriums betonte heute in London, nach dem Austritt aus der EU habe das Land das Recht zu entscheiden, wer in britischen Gewässern fischen dürfe.
Einen Vorgeschmack auf mögliche Auseinandersetzungen nicht nur am Verhandlungstisch, sondern auch auf See, hatte es zuletzt 2018 gegeben: Da waren britische und französische Fischer im Streit um Jakobsmuscheln vor der Küste der Normandie aufeinander losgefahren. Erst nach mehreren Tagen beruhigten sich die Gemüter wieder, und ein mühsamer Kompromiss wurde erzielt. Damals war Großbritannien aber noch EU-Mitglied. Jetzt, wo die Briten die Europäische Union verlassen haben, könnten die Auseinandersetzungen auf See noch schärfer werden.