EU-Innenminister beraten Wer nimmt wie viele Flüchtlinge auf?
Insgesamt 60.000 Flüchtlinge sollen in den kommenden zwei Jahren auf die 28 EU-Staaten verteilt werden. Wie, darüber beraten heute wieder die Innenminister. Karin Bensch erklärt, warum das so schwierig ist und warum sich vor allem die osteuropäischen Staaten sperren.
Im zweiten Anlauf soll es klappen: Die europäischen Innenminister wollen sich darauf einigen, wie insgesamt 60.000 Flüchtlinge in den kommenden zwei Jahren in Europa verteilt werden sollen. Das hatten sie Anfang Juli nicht geschafft. Es geht um 40.000 Menschen, vor allem aus Syrien und Eritrea, die sich bereits in Italien und Griechenland befinden. Die beiden Mittelmeerländer sollen entlastet werden, weil bei ihnen die meisten Bootsflüchtlinge ankommen.
Und es geht um 20.000 Menschen, die aus Auffanglagern nahe der syrischen Grenze nach Europa geholt werden sollen. Weil sich die Innenminister nicht auf eine verpflichtende Quote einigen konnten, entscheidet nun jedes Land für sich, wieviele Flüchtlinge es freiwillig aufnimmt.
De Maizière: "Konstruktive Beiträge"
"Ich habe auch von den Staaten, die skeptisch waren, etwa aus mittel- und osteuropäischen Staaten, sehr konstruktive Beiträge gehört. Sie gehen dahin, dass diese Staaten sich durchaus vorstellen können, sich zu beteiligen", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Deutschland will gut 12.000 der insgesamt 60.000 Flüchtlinge Schutz gewähren.
Gegen die Aufnahme von noch mehr Flüchtlingen hatten sich vor allem Tschechien, Ungarn, Polen, die baltischen Staaten, aber auch Spanien und Portugal gewehrt. Manche von ihnen wollen kein Geld für die Unterbringung und Integration ausgeben. Andere befürchten soziale Spannungen im eigenen Land. Wieder andere wollen nur Christen, nicht aber Muslime aufnehmen, weil es offenbar Ängste vor islamistischem Terror gibt.
Widerstand in Osteuropa
In der Slowakei zum Beispiel, wo im vergangenen Jahr nur 14 von 331 Antragstellern Asyl gewährt wurde, gab es bereits gewalttätige Demonstrationen von Neonazis gegen die angebliche "Islamisierung Europas". In Tschechien sammelte eine rechtspopulistische Vereinigung Unterschriften gegen muslimische Einwanderer. Die Regierung in Prag hat zugesagt, 1500 der 40.000 Flüchtlinge aufzunehmen.
Polen, das viel größer ist, will nur 2000 Menschen Schutz gewähren, doch selbst das ist vielen im Land laut einer Umfrage zu viel. Zwei Mitgliedsstaaten hätten noch gar keine Zahlen genannt, sagt ein EU-Diplomat. Von den 40.000 Flüchtlingen sei noch ein Viertel offen.
Umstrittene Freiwilligkeit
Die Zahl 40.000 sei ein wenig lächerlich, sagte die SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel im EU-Parlament, weil viele andere Länder viel mehr Flüchtlinge aufgenommen hätten als Europa. Zum Beispiel die Türkei: Das Land hat mehr als 1,6 Millionen Menschen aufgenommen, der Libanon mehr als 1,2 Millionen. Für die Grünen-Europaabgeordnete Ska Keller ist es nach wie vor sehr enttäuschend, dass es keine feste Vereinbarung für Solidarität mit Flüchtlingen in Europa gibt, sondern alles nur auf freiwilliger Basis läuft. Denn ob diese freiwillige Solidarität langfristig funktionieren werde, da sei sie skeptisch, sagt sie.
Diplomaten sind zuversichtlich, dass sich nun ausreichend Staaten freiwillig bereiterklären werden, die insgesamt 60.000 Flüchtlinge aufzunehmen. Sollte das geschehen, könnte die Umverteilung voraussichtlich im September beginnen.