Treffen der EU-Finanzminister Ratenzahlung für die Briten?
Großbritannien will beim Treffen der EU-Finanzminister einen Rabatt auf die geforderte Rekord-Nachzahlung erreichen. Premier Cameron braucht dringend einen Erfolg, um EU-Kritiker zu stoppen. Finanzminister Schäuble signalisierte Entgegenkommen.
Großbritanniens Premier David Cameron hat sich auf dem EU-Gipfel vor zwei Wochen mächtig aufgeregt. Da hatte ihn gerade die Nachricht erreicht, dass die Briten 2,1 Milliarden Euro nachzahlen sollten, zahlbar bis zum 1. Dezember. Und als ihn dann noch jemand fragte, ob die Briten dadurch noch weiter in Richtung Austritt aus der EU gedrängt würden, schimpfte er mit hochrotem Kopf - diese Nachzahlung sei sicher nicht hilfreich.
Auf jeden Fall kam diese Nachricht für den britischen Premier zur Unzeit: zwei seiner konservativen Abgeordneten waren gerade zur EU-feindlichen United Kingdom Independence Party, kurz UKIP, übergelaufen. Bei einer dadurch ausgelösten ersten Nachwahl gewann der UKIP-Kandidat - die Rechtspopulisten haben damit ihren ersten Abgeordneten im Unterhaus in London. Und in zwei Wochen steht die nächste Nachwahl an. Gewinnt auch dort der UKIP-Kandidat - wie es im Augenblick aussieht - dann könnten noch mehr Konservative vor der Unterhauswahl im Mai kommenden Jahres zu den EU-Gegnern überlaufen.
Cameron versucht deshalb, mit immer schärferen Tönen gegen die EU-Kommission der neuen Konkurrenz auf der Rechten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Im Unterhaus erklärte er unter beifälligem Gemurmel seiner Fraktion, Großbritannien werde an niemandem zum 1. Dezember die geforderten Milliarden zahlen, denn schließlich gehe es hier um das Geld der britischen Steuerzahler und nicht gerade um Kleingeld.
Spontan kann niemand die Summe erklären
In der Tat: so viel Nachzahlung wie in diesem Fall war noch nie. Bisher war es so, dass die Mitgliedsländer bei den jährlichen Anpassungen mal ein paar Millionen bekamen, und in anderen Jahren mal ein paar Millionen zahlen mussten. Doch niemals 2,1 Milliarden Euro. Das entspricht etwa einem Fünftel des gesamten britischen Netto-Jahresbeitrags für die EU.
Spontan konnte diese hohe Nachzahlung auch niemand so richtig erklären. Die britische Konjunktur läuft zwar besser als auf dem Kontinent, Großbritannien ist derzeit die Wachstumslokomotive der EU, also auch leistungsfähiger, aber das allein erklärt nicht die hohe Rechnung.
Es gibt wohl ein paar Neuerungen in der Statistik, die jetzt bis auf das Jahr 1997 zurück gerechnet wurden. So werden unter anderem Ausgaben in Forschung und Entwicklung, und auch Waffenkäufe nun als Investitionen erfasst. Das soll nach Angaben der EU-Mathematiker dazu geführt haben, dass Briten, Niederländer und Italiener, aber auch die Griechen nachzahlen, während Deutsche und Franzosen hohe Rückzahlungen bekommen.
Deutschland und Frankreich profitieren von Neuberechnung
Die europäischen Finanzminister wollen jetzt noch einmal gemeinsam nachrechnen. Der deutsche Ressortleiter Wolfgang Schäuble (CDU) hofft, dass am Ende ein Kompromiss mit den wütenden Briten gefunden werden kann - vielleicht durch einen gewissen Zahlungsaufschub oder durch Ratenzahlung: "Ob es dann über Nacht gemacht werden muss, oder ob man ein bisschen Zeit gibt, ob der britische Rabatt darauf schon richtig berechnet ist, das muss alles noch einmal genau geprüft werden." Dann werde man gemeinsam eine Lösung finden.
Um den Siegeszug der britischen EU-Gegner zu bremsen, wäre es sicher hilfreich, wenn Großbritanniens Finanzminister George Osborne mit einem vorzeigbaren Erfolg nach London zurückkäme. Sonst wäre es in kurzer Zeit die zweite Niederlage der britischen Regierung, nachdem Cameron ja schon seinen Kampf gegen die Wahl Jean Claude Junckers zum Präsidenten der EU-Kommission krachend verloren hatte.