EU-Gipfel berät über Bankenunion Viel Diplomatie, kaum Konkretes
Wie soll die EU künftig marode Banken abwickeln? Das ist ein zentrales Thema am ersten Tag des EU-Gipfels. Kanzlerin Merkel wird sich wohl kaum positionieren, denn sie hat ihre Europapolitik noch nicht mit dem potenziellen Koalitionspartner abgestimmt.
Als die Eurozone im vergangenen Jahr fast zu Bruch ging, da gaben sich Europas Staatenlenker entschlossen und energisch: die Währungsunion müsse endlich auf ein festeres Fundament gestellt werden. Und Ratspräsident Herman van Rompuy legte gar eine Blaupause für eine wahrhafte Wirtschafts- und Währungsunion vor. Das war im vergangenen Dezember.
Derzeit will sich allerdings keiner mehr so recht daran erinnern. "Die Dynamik mit Blick auf die Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion ist sehr stark abgeflacht", stellt der Brüsseler Politologe Janis Emmanouilidis fest. Und das liege wohl daran, dass den Politikern der Schrecken nicht mehr so sehr im Nacken sitzt. Die Fieberkurve der Staatsanleihezinsen hat sich beruhigt und damit ist die Bereitschaft zu unpopulären Reformen erlahmt.
Bremsklotz Bundestagswahlen
Das stößt auch der Bundeskanzlerin sauer auf: "Wir haben viel erreicht in Europa und trotzdem hat man manchmal den Eindruck, dass die Bemühungen, die europäische Arbeit auf eine nachhaltige Grundlage zu stellen, schnell nachlassen", sagt Angela Merkel.
Aber auch die Bundestagswahlen waren alles andere als ein Beschleunigungsfaktor. Von heißen Dossiers, die den deutschen Wähler hätten aufschrecken können, ließ man besser die Finger, meint Politikanalyst Emmanouilidis: "Sowohl vor als auch nach den Wahlen ist man in Brüssel und in anderen Mitgliedsstaaten in Wartestellung."
Und nun wird Deutschland auf dem Gipfel von einer nur geschäftsführenden Bundeskanzlerin vertreten. Zwar zweifelt keiner daran, dass Merkel bald wieder mit vollen Würden in Brüssel auftreten wird, aber schließlich müssen sich ja Union und SPD erst mal noch auf ihre genaue europapolitische Agenda verständigen.
Fahrplan zur Bankenunion soll bestätigt werden
Daher steht das Thema "Wie weiter mit dem Euro?" zwar beim Abendessen auf der Agenda, zu einer vertieften Diskussion wird es aber nicht kommen. Als Erfolgsmeldung muss reichen, dass man den schon das letzte Mal beschlossenen Fahrplan zur Bankenunion bestätigen wird. Denn mit der zentralen Aufsicht über die Großbanken ist erst deren erste Säule beschlossene Sache. Nun geht es um einen gemeinsamen Abwicklungsmechanismus für nicht lebensfähige Banken. Auf den sollen sich die Finanzminister bis zum Jahresende einigen.
Aber noch liegen Welten zwischen den Erwartungen der Krisenstaaten und den Befürchtungen Berlins. Die Bundesregierung will auf keinen Fall zulassen, dass die EU-Kommission am Ende dem Bundestag teure Rettungsaktionen für die Banken anderer Länder vorschreiben kann. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gibt die rote Linie vor: "Die Bundesrepublik Deutschland wird darauf bestehen, dass die Steuerzahler geschont werden", erklärt Schäuble.
Stillstand beim Thema Wirtschaftskoordinierung
Auf der Baustelle Bankenunion wird wenigstens eifrig gewerkelt - bei der Fortentwicklung der Wirtschaftskoordinierung zwischen den Eurostaaten geht hingegen seit Monaten gar nichts voran. Die zentrale Idee der Bundeskanzlerin ist bereits seit geraumer Zeit eine Art Wettbewerbspakt, denn letztendlich könne die Währungsunion nur gesunden, wenn die Eurostaaten tiefgreifende Strukturreformen durchführen, sagt Merkel. "Das ist die Frage des Arbeitsmarktes, das ist die Frage der Innovation, das ist die Frage auch von sozialen Regelungen, das ist die Frage der Steuersystemen, das ist die Frage der Effizienz der staatlichen Institutionen - all das sind Punkte, über die wir reden müssen."
Also so ziemlich über alles. Schon jetzt gibt Brüssel den einzelnen Regierungen jedes Jahr derartige Reformempfehlungen - aber gerade mal ein Zehntel davon wird auch umgesetzt. Deshalb setzt Merkel auf verbindliche Reformverträge, die die Euro-Staaten künftig mit der EU-Kommission abschließen sollen.
Und weil sie ahnt, dass das viele als Zumutung empfinden, gibt es auch noch ein Zuckerbrot: Zur Abmilderung möglicher Reformfolgen könne ja ein europäischer Extratopf geschaffen werden. "Um Ländern, die voll mit der Haushaltskonsolidierung beschäftigt sind, dabei auch Unterstützung zu geben." Dabei denkt die Bundeskanzlerin aber bestenfalls an eine Summe im niedrigen zweistelligen Milliardenbereich. Und das ist wohl zu wenig Zucker. Denn die Begeisterung über die Reformverträge dürfte sich auch bei diesem EU-Gipfel in Grenzen halten.