Bilanz-TÜV der EZB Großreinemachen bei den Banken
Europas Banken müssen zum "TÜV". Denn an der Verkehrstauglichkeit vieler Institute bestehen seit der Finanzkrise erhebliche Zweifel. Doch was genau hat es mit dem Banken-Check auf sich? Warum ist er so wichtig? Ein Überblick.
Von Heinz-Roger Dohms, tagesschau.de
Was genau macht die EZB?
Die EZB durchleuchtet zunächst die Bilanzen der 128 größten Banken im Euroraum. Betroffen sind alle Institute, deren Bilanzsumme über oder um die 30 Milliarden Euro liegt. Nach dem Bilanzcheck folgen noch eine separate Überprüfung der Vermögenswerte der Banken (also auch ihrer Kredite) und ein sogenannter Stresstest. Dieser Test soll zeigen, ob die Banken stark genug wären, eine neue Finanz- oder Wirtschaftskrise zu überstehen.
Was kommt danach?
Die EZB verlangt von den Banken eine sogenannte harte Kernkapitalquote von acht Prozent - die Quote bemisst das Eigenkapital einer Bank in Relation zu den Risiken in ihrer Bilanz. Kernkapital sind vor allem ausgegebene Aktien und einbehaltene Gewinne. Die Kennziffer ist wichtig, weil das Kernkapital für die Verluste einer Bank haftet und darum in Krisenzeiten als Puffer dient. Erfüllen Banken die Vorgaben der EZB nicht, müssen sie ihr Kapital aufbessern. Nach dem Willen der meisten Euroländer soll das Geld dafür aus dem europäischen Rettungsfonds ESM kommen. Berlin aber sperrt sich und will lieber die Investoren in die Pflicht nehmen. Im Extremfall könnten zum Beispiel Gläubiger gezwungen werden, ihre vermeintlich sicheren Anleihen in risikobehaftete Aktien umzuwandeln. Experten gehen davon aus, dass der EZB-TÜV einen Kapitalbedarf im zweistelligen Milliardenbereich offenlegen wird.
Warum ist der Banken-Check so wichtig?
Europas Banken sind schwächer aus der Krise hervorgegangen als ihre US-Pendants. Der Hintergrund: Washington stattete seine Banken 2008 und 2009 mit Eigenkapital aus - und machte die Institut somit sattelfest. Europas Regierungen dagegen sprachen lediglich Garantien aus: Die Banken durften sich frisches Geld leihen, für das der Steuerzahler haftete. Die Kapitalausstattung wurde vernachlässigt. Investoren hegen daher seit Jahren den Verdacht, dass Europas Banken ihre Bilanzen bis heute nicht bereinigt haben - und dass das geliehene Geld vor allem dazu dient, diese Probleme zu kaschieren.
Was hat das Ganze mit der Bankenunion zu tun?
Unter dem Begriff "Europäische Bankenunion" werden drei Komplexe zusammengefasst - erstens eine europaweite Einlagensicherung, zweitens ein einheitlicher Abwicklungsmechanismus und drittens eine gemeinsame Aufsicht. Die Bankenunion soll helfen, neue Krisen zu vermeiden. In Deutschland hat das Vorhaben jedoch viele Kritiker. Sie behaupten, dass die Bankenunion darauf hinauslaufe, südeuropäische Institute mit dem Geld deutscher Steuerzahler oder gar Sparer zu retten. Vom ursprünglichen Plan einer europaweitem Einlagensicherung haben die Regierungen inzwischen Abstand genommen. Die gemeinsame Aufsicht durch die EZB hingegen ist beschlossene Sache, ebenso wie die gemeinsamen Standards zur Bankenabwicklung.
Hat die EZB überhaupt genügend Aufseher?
Zurzeit noch nicht - allerdings ist bis 2014, wenn die EZB die Bankenaufsicht übernehmen soll, auch noch Zeit. Zunächst will die Notenbank mit rund 1000 Aufsehern loslegen. Seit Monaten fahndet sie europaweit nach passendem Personal. Letztlich dürfte die EZB darauf angewiesen sein, Mitarbeiter von der Bundesbank und nationalen Aufsichtsbehörden abzuwerben. Tatsächlich fällt zum Beispiel bei der deutschen Finanzaufsicht Bafin künftig weniger Arbeit an, wenn sie sich nur noch um mittelgroße und kleinere Banken kümmert.
Welche deutsche Banken sind betroffen?
Insgesamt liegen 24 deutsche Banken über dem Grenzwert von 30 Milliarden Euro Bilanzsumme. Die größte ist die Deutsche Bank mit einer Bilanzsumme von 2012 Milliarden Euro - was grob dem deutschen Bruttoinlandsprodukt entspricht. Kleinstes betroffenes Institut ist die frühere Pleitebank IKB, die zuletzt auf 32 Milliarden Euro kam. Auf der 24-er-Liste finden sich neben börsennotierten Banken wie der Commerzbank unter anderem auch die Dachinstitute der Volks- und Raiffeisenbanken (DZ und WGZ), der Fondsanbieter der Sparkassen (Deka), Förderinstitute wie die NRW.Bank, Spezialinstitute wie die Volkswagen Bank - und mit der Hamburger Haspa sogar eine Sparkasse. Für das drittgrößte deutsche Geldhaus, die im Besitz von Bund und Ländern befindliche KfW, hat die Regierung hingegen eine Ausnahme bewirkt.
Das sind die deutschen Banken im EZB-Check:
- Deutsche Bank (Bilanzsumme 2012 Milliarden Euro, inklusive der Töchter Postbank und BHW)
- Commerzbank (636 Mrd. Euro)
- DZ Bank (407 Mrd. Euro, inklusive Schwäbisch Hall)
- LBBW (336 Mrd. Euro)
- BayernLB (287 Mrd. Euro, inklusive der Direktbank DKB)
- NordLB (226 Mrd. Euro)
- Helaba (199 Mrd. Euro)
- NRW.Bank (149 Mrd. Euro)
- HSH Nordbank (131 Mrd. Euro)
- Dekabank (130 Mrd. Euro)
- Landesbank Berlin (118 Mrd. Euro)
- Hypo Real Estate (97 Mrd. Euro)
- WGZ Bank (96 Mrd. Euro)
- Landwirtschaftliche Rentenbank (88 Mrd. Euro)
- L-Bank (71 Mrd. Euro)
- KfW Ipex-Bank (46 Mrd. Euro)
- Aareal Bank (46 Mrd. Euro)
- Hamburger Sparkasse Haspa (40 Mrd. Euro)
- Volkswagen Bank (39 Mrd. Euro)
- Apotheker- und Ärztebank (38 Mrd. Euro)
- Münchener Hyp (37 Mrd. Euro)
- Wüstenrot & Württembergische (37 Mrd. Euro)
- SEB AG (36 Mrd. Euro)
- IKB (32 Mrd. Euro)