Einigung der EU-Finanzminister Bankenpleiten nach festen Regeln
Kurz vor Beginn des EU-Gipfels haben sich die Finanzminister auf Regeln für die Rettung oder Schließung von maroden Banken geeinigt. Die Steuerzahler sollen demnach erst an letzter Stelle zahlen - zuvor werden Aktionäre, Gläubiger und vermögende Sparer zur Kasse gebeten.
Die EU-Finanzminister haben sich nach siebenstündigen Verhandlungen auf Regeln zur Sanierung und Schließung angeschlagener Großbanken verständigt. Eine Einigung auf einheitliche Haftungsregeln sei erreicht, bestätigte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach der Sitzung in Brüssel. Eine erste Verhandlungsrunde war am vergangenen Samstag nach 19 Stunden in Luxemburg gescheitert.
Bei den Beratungen ging es im Grunde um die Frage, wer in Zukunft für die Pleite einer Bank zahlen muss. Die EU-Staaten wollen vermeiden, dass wie während der Krise vor allem der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird, wenn ein Finanzinstitut in Schieflage gerät.
Wer zahlt und in welcher Reihenfolge?
Der Staat - und damit der Steuerzahler - soll demnach erst an letzter Stelle Löcher in den Bankbilanzen stopfen. Zuvor sollen Aktionäre, Bankanleihebesitzer und Bankkunden mit Guthaben über 100.000 Euro zahlen. Sparer mit Guthaben unter 100.000 Euro werden von der Haftung bei Bankenpleiten ausgenommen.
"Für die normalen Anleger und Sparer ist das eine eher theoretische Übung, aber für die Stabilität des Finanzsystems als Ganzes ist das ein wichtiger Schritt", bewertete Schäuble die neue Richtlinie zur Bankenabwicklung. Es gelte in der gesamten EU nun das "Prinzip, dass wir in Zukunft, wenn Banken in Schwierigkeiten geraten, nicht die Steuerzahler in erster Linie bezahlen lassen". Und der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem fügte hinzu: "Die Regeln sorgen für ein verantwortungsvolleres Verhalten der Banken."
Das "Bail-in" greift nur bei systemrelevanten Banken
Die Mitgliedstaaten müssen über das Gesetz jetzt noch mit dem Europäischen Parlament verhandeln. Es gibt den nationalen Abwicklungsbehörden weitreichende Eingriffsrechte in marode Geldhäuser. Sie können kleinere Banken künftig einfacher und nach europaweit einheitlichen Regeln schließen. Die Haftung von Eigentümern und Gläubigern, das sogenannte Bail-in, greift erst bei systemrelevanten Großbanken, die sanierungsfähig und stark mit anderen Banken verstrickt sind. Ihre Pleite könnte das gesamte Finanzsystem ins Wanken bringen.
Mit dem Abwicklungsgesetz zieht die EU die Lehren aus der Finanzkrise: Aus Angst vor fatalen Kettenreaktionen hatten die EU-Staaten in der Bankenkrise 2008 nicht gewagt, Geldhäuser pleite gehen zu lassen. Binnen drei Jahren stützten sie die Banken mit einem Drittel der gesamten EU-Wirtschaftsleistung, größtenteils mit inzwischen abgelösten Garantien. Der irische Staat ging darüber fast pleite. In großem Stil mussten Bankinvestoren erstmals bei der Rettung Zyperns finanziell bluten.
Künftig werden Steuerzahler von milliardenschweren Rettungsaktionen verschont. Stattdessen können auch Privatkunden mit Ersparnissen über 100.000 Euro Geld verlieren. Beträge bis zu dieser Grenze bleiben dagegen gesetzlich garantiert. Das Prinzip sei zwar einfach, konkret aber schwierig anzuwenden, weil die Lage der einzelnen Banken unterschiedlich sei, sagte Schäuble. Wichtig sei, dass es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen unter den Banken kommen.
Wichtige Säule für Bankenunion
Mit der Einigung im zweiten Anlauf gaben die EU-Finanzminister unmittelbar vor Beginn des EU-Gipfels am Nachmittag ein Signal, dass es mit dem Riesenvorhaben einer europäischen Bankenunion vorangeht. Die Richtlinie zur Bankenabwicklung ist eine wichtige Säule für diese Bankenunion, die für mehr Vertrauen in europäische Geldhäuser und Finanzmärkte sorgen soll.
Die EU-Staaten hatten sich vorgenommen, die wesentlichen Bausteine dazu bis Ende Juni auf den Weg zu bringen. Abgesegnet ist bereits die zentrale Bankenaufsicht für die Euro-Zone unter Führung der Europäischen Zentralbank. Mit der Banken-Abwicklung steht eine weitere Säule. Die Reform der Einlagensicherung steht noch aus.