Brexit-Leitlinien der EU Das Anti-Rosinenpick-Papier
Die EU hat Großbritannien davor gewarnt, sich beim Brexit Rosinen herauszupicken. Laut Leitlinien-Entwurf der EU ist eine enge Partnerschaft in einem Bereich allerdings wünschenswert.
Es ist ein in Brüssel oft geäußerter Vorwurf, dass die britischen Brexit-Befürworter in einer Art Traumwelt leben würden - unfähig, harte Wahrheiten hinzunehmen. So deutlich formulierte EU-Ratspräsident Donald Tusk das zwar nicht, als er nun den Leitlinien-Entwurf für die künftigen Beziehungen zum Königreich vorstellte, aber er dürfte durchaus so manchen Brexit-Traum zum Zerplatzen gebracht haben, als er mit Bezug auf die zukünftige Partnerschaft sagte, dass das einzige mögliche Modell ein Freihandelsabkommen sei.
Damit widersprach Tusk eindeutig der britischen Premierministerin Theresa May, die erst am vergangenen Freitag in einer Rede abermals den Wunsch nach einem "maßgeschneiderten Deal" geäußert hatte. Konkret stellt sich London vor, dass einige Wirtschaftszweige weiter Zugang zum gigantischen EU-Binnenmarkt haben sollen, während man bei anderen Branchen einen harten Schnitt macht. Eine Wunschvorstellung, der Tusk eine klare Absage erteilte. "Ein Ansatz nach dem Selbstbaukasten-Prinzip für einen Nicht-Mitgliedsstaat ist völlig ausgeschlossen", erklärte er.
Allein Handelspakt denkbar
Ebenso eindeutig ist das Leitlinien-Papier selbst: "Rosinenpicken" könne es nicht geben, heißt es da auf Seite drei, andernfalls untergrabe das die Integrität und das Funktionieren des Binnenmarkts.
Aus Tusks Sicht hat es sich die britische Regierung durch das Ziehen roter Linien selbst zuzuschreiben, dass die Möglichkeiten für eine tiefe künftige Beziehung begrenzt sind. Denn Premierministerin May habe ja klargestellt, dass die Briten weder Teil des Binnenmarkts noch der Zollunion bleiben wollen, wodurch eben nur die Handelspakt-Option bleibe.
Dies werde das erste Freihandelsabkommen der Geschichte, das wirtschaftliche Beziehungen löst, anstatt sie zu stärken, erklärte Tusk weiter. "Unsere Übereinkunft wird den Handel zwischen der EU und dem Königreich nicht reibungsloser und sanfter gestalten, sondern komplizierter und teurer."
Allein ein Freihandelsabkommen sei nach dem Brexit zwischen der EU und Großbritannien möglich, erklärte EU-Ratspräsident Donald Tusk bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem luxemburgischen Regierungschef Xavier Bettel.
Enge Partnerschaft bei Terrorismus-Bekämpfung
Der luxemburgische Regierungschef Xavier Bettel, in dessen Beisein Tusk das Leitlinien-Papier vorstellte, pflichtete bei. Gewinner werde es beim Brexit nicht geben. Weder auf der einen, noch auf der anderen Seite.
Genau wie viele seiner Amtskollegen in der EU wünscht sich auch Bettel eine klarere Ansage aus London, wie es sich die künftige Partnerschaft nun eigentlich vorstelle. Da man darauf noch wartet, ist das Papier, das beim Gipfel Ende März noch von allen 27 offiziell abgesegnet werden soll, auch einigermaßen vage gehalten. Eins allerdings wünscht man sich durchaus bei allen derzeitigen Streitthemen: Eine enge Partnerschaft zum Beispiel bei der Terrorismus-Bekämpfung.
Und noch ein anderes Thema sprach Ratspräsident Tusk an. Er sei entschlossen, eine besonders absurde Brexit-Folge zu vermeiden: Die Störung des Flugverkehrs zwischen Großbritannien und der EU. Man wolle, erklärte Tusk, schließlich keine Mauer zwischen der EU und dem Königreich errichten.