Datenabkommen SWIFT tritt in Kraft USA dürfen EU-Bankdaten durchforsten
Das umstrittene "SWIFT"-Bankenabkommen der EU mit den USA ist vorübergehend in Kraft getreten. Dadurch bekommen US-Terrorfahnder erneut Zugriff auf die Daten von Millionen europäischen Bankkunden, den sie bereits seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hatten. Es wird jedoch erwartet, dass das Europaparlament das Abkommen bei einer Abstimmung am 10. Februar ablehnt.
Von Christoph Prössl, NDR-Hörfunkstudio Brüssel
Im Parlament sind die Messer gewetzt: Die Abgeordneten wollen das Abkommen SWIFT kippen. Widerstand gibt es in nahezu allen Fraktionen, bei den Liberalen, den Sozialdemokraten, den Linken, den Grünen. Und neuerdings auch bei den Christdemokraten.
So fragt der CSU-Abgeordnete Markus Ferber: "Haben die Amerikaner wirklich Anspruch darauf, jede Auslandsüberweisung, die in Europa stattfindet darauf zu prüfen, ob da Terrorismus-Finanzierung stattgefunden hat? Das streiten wir ab." Datenschutzfragen seien nicht beantwortet, es seien auch Fragen der Datenspeicherung nicht beantwortet. "Wann werden die Daten wieder gelöscht, welche anderen Behörden haben Zugriff auf diese Daten?"
Die neue Macht des Parlaments
Doch bevor sich das Abkommen nach dem Votum des Parlaments in Luft auflöst, tritt es noch in Kraft. Und zwar heute, für voraussichtlich wenige Tage.
"Es wird angewendet", sagt Jan Philip Albrecht von den Grünen. In Kraft treten könne es gar nicht ohne die Zustimmung des Parlaments. Und in seinen Augen leuchtet die Freude darüber auf, das Vertragswerk zu Fall zu bringen. Es ist die neue Macht des Parlaments, die hier deutlich wird. Seit dem 1. Dezember 2009 gilt der Vertrag von Lissabon. Er gibt den Abgeordneten das Recht, über SWIFT abzustimmen.
Emsige Betriebsamkeit und fehlende Übersetzungen
Die Furcht im Nacken, das Parlament könnte den Vertrag ablehnen, haben die EU-Innenminister das Papier in Eile wenige Tage vor dem 1. Dezember 2009 abgesegnet. Aus der Sicht des Parlaments: Fehler Nummer eins. Der öffentliche Druck wuchs. Deswegen sagte die schwedische Ratspräsidentschaft den Abgeordneten zu: Der Vertrag soll erst dann in Kraft treten, wenn ihr zugestimmt habt. Doch das Parlament erhielt den Vertragstext offiziell erst zu Beginn der vergangenen Woche - viel zu spät, um noch vor dem 1. Februar abstimmen zu können. Begründung: Es habe so lange gedauert, den Text in alle Amtssprachen der EU zu übersetzen - Fehler Nummer zwei.
So betont der FDP-Europa-Abgeordnete Alexander Alvaro: "Es ist einfach unvorstellbar, dass die Übersetzungen nicht vorlagen." Man müsse sich fragen, ob 27 nationale Innenminister alle die französische Version oder die englische unterschrieben hätten. "Ich traue ihnen durchaus eine Menge an Sprachkompetenz zu, aber ein komplexes Abkommen nicht in der Muttersprache zu unterschreiben? Das würde mich schon wundern." Er halte es eher für ein Manöver, dass die Übersetzungen nicht vorlagen.
Untersuchung soll beschwichtigen
Die spanische Ratspräsidentschaft wollte dazu auf Anfrage keine Stellung beziehen. In der vergangenen Woche kam es dann zur Debatte im Innenausschuss. Mit dabei war Jonathan Faull, Generaldirektor in der Kommission, zweiter Mann hinter dem Kommissar für Inneres. Es wurde laut - doch Faull wollte beruhigen. Dazu zog er eine Überraschung aus der Tasche: Es werde eine neue Untersuchung geben, darüber, wie wichtig SWIFT ist und über den Datenschutz. Als Erscheinungstermin nannte er den kommenden Donnerstag. Am gleichen Tag will der Innenausschuss über SWIFT debattieren. Die Zeit ist also mal wieder knapp - und ob die Abgeordneten den geheimen Bericht lesen dürfen, das ist noch nicht einmal sicher.
Das Abkommen regelt den Austausch von Bankdaten zwischen den USA und Europa. Der belgische Dienstleister Swift verrechnet weltweit für die Banken Überweisungen. Und diese Angaben wie Name, Betrag, Empfänger leitet der Dienstleister an Ermittler in den Vereinigten Staaten weiter. Das Abkommen haben die EU-Innenminister Ende November 2009 beschlossen. Am 1. Dezember 2009 trat der Vertrag von Lissabon in Kraft, der eine Zustimmung des Parlaments erforderlich macht. Auf öffentlichen Druck erklärte sich der Rat dazu bereit, das Parlament über Swift abstimmen zu lassen. Das Swift-Abkommen trat gemäß der ursprünglichen Entscheidung des EU-Ministerrats zunächst zum 1. Februar 2010 in Kraft, wurde aber wenige Tage später nach einer Abstimmung im Europaparlament ausgesetzt.