Vor Abstimmung im Unterhaus Johnson will den Brexit liefern
Das britische Unterhaus stimmt in zweiter Lesung über den Brexit-Vertrag mit der EU ab. Für Johnson ist es das Einlösen seines größten Wahlkampfversprechens - mit breiter Mehrheit im Rücken.
Von Thomas Spickhofen, ARD-Studio London
Genau dafür haben die Briten Boris Johnson gewählt: "Das Gesetz stellt sicher, dass wir die EU am 31. Januar verlassen und der Brexit an diesem Punkt über die Bühne gebracht ist, dass es dann vorbei ist." Mit diesem Wahlkampf-Versprechen hat sich Johnson eine 80-Stimmen-Mehrheit seiner Tories ins Unterhaus geholt.
Aber das Brexit-Gesetz muss trotzdem noch den normalen Gesetzesprozess durchlaufen. Heute ist die zweite Lesung, am Abstimmungsergebnis wird man am Ende ablesen können, ob auch alle in der neuen konservativen Fraktion an Bord sind. Mit Überraschungen wird allerdings nicht gerechnet.
Johnson gibt den Versöhner
Johnson will vor allem, dass nun Frieden einkehrt. "Jetzt ist der Moment, in dem wir wieder zusammenkommen und ein neues, aufregendes Kapitel unserer Geschichte schreiben werden und der Heilungsprozess in unserer Nation beginnt, nach dem sich das ganze Land sehnt", sagte er.
Die Regierung hat das Gesetz noch einmal an ein paar Stellen verändert im Vergleich zu der Version, die es im Oktober schon einmal bis zur zweiten Lesung geschafft hatte. Das Parlament hat danach weniger Mitspracherecht während der Verhandlungen mit der EU, und die Regierung schreibt auch fest, dass eine Verlängerung der Übergangsfrist über den 31. Dezember 2020 hinaus nicht möglich ist. "Dieser Zeitdruck schwächt uns nicht", sagt Boris Johnson, "sondern er stärkt uns."
Arbeitnehmerrechte werden gesondert behandelt
Auch die Angleichung an die Arbeitnehmerrechte in der EU - ein Zugeständnis, das Theresa May mal Labour gegenüber gemacht hatte - ist wieder raus und soll in ein eigenes Gesetz gegossen werden. Völlig falsch, findet Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour-Partei. "Wenn der Premierminister wirklich die Arbeitnehmerrechte auf EU-Standard schützen will, dann sollte er das hier in diesem Gesetz tun", argumentiert er.
Jeremy Corbyn hat seinen Rückzug als Labour-Chef angekündigt, sitzt aber bis auf weiteres immer noch dem alten und neuen Regierungschef Boris Johnson gegenüber. "Wir haben vor der Wahl gewarnt, dass das Johnson-Abkommen mit der EU schrecklich ist, und wir finden das immer noch", sagt Corbyn.
Unter anderem warnt die Opposition vor mehr Deregulierung nach dem Austritt aus der EU, vor einem Verkauf des Gesundheitswesens an US-Unternehmen und davor, dass auch andere öffentliche Institutionen und die Kommunen künftig den Exzessen des Marktes ausgesetzt seien.
Im Januar könnte alles erledigt sein
Nach der Abstimmung heute muss das Gesetz noch in den Ausschüssen beraten werden. Dafür sind nach den Weihnachtsferien Anfang Januar drei weitere Debattentage vorgesehen, am 7., 8. und 9. Januar. Danach muss auch das Oberhaus noch zustimmen.