Die britische Sicht Vorbild Thatcher
"Wir zahlen nichts" - sobald Großbritannien aus der EU ausgetreten ist, gibt es kein Pfund mehr für Brüssel. Das ist zumindest die Sicht der Brexit-Hardliner in London. Ein bisschen profitieren will man aber weiter von der EU. Ihr Vorbild: Margaret Thatcher.
350 Millionen Pfund überweist Großbritannien jede Woche nach Brüssel: Diese vermeintliche Geldverschwendung prangerten die Brexit-Befürworter während der Kampagne Tag für Tag an. Eine Zahl, die haften blieb. Auch wenn die EU-Freunde klagten, dass diese Summe weder den britischen Beitragsrabatt berücksichtigt noch das, was das Land aus Brüsseler Töpfen erhält.
Premierministerin Theresa May interpretiert das Brexit-Votum der Wähler so, dass diese künftig keine "gewaltigen Summen" mehr an die EU zahlen wollen: Sowohl ihre Regierung als auch das Oberhaus beauftragten Juristen, die rechtliche Lage zu prüfen - und die kommen zu dem Schluss: Sobald Großbritannien aus dem europäischen Club ausgetreten ist, ist es nicht mehr dazu verpflichtet, auch nur ein Pfund an die EU zu zahlen.
"Wir geben nichts"
Der Brexit ist voraussichtlich im Frühjahr 2019 vollzogen, doch das laufende EU-Budget umfasst den Zeitraum bis 2020. Und Großbritannien hat diesem einst zugestimmt, sich mithin zu Zahlungen verpflichtet. So sieht es Brüssel. Und dann sind da noch jene britischen Beamten, die in EU-Jobs arbeiten, und deren Pensionsverpflichtungen London ebenfalls schultern soll. Brexit-Hardliner wie der Tory-Abgeordnete Rees-Mogg meinen, die Haltung der Regierung zum Auftakt der Verhandlungen sollte sein: "Wir geben nichts."
Schluss mit den "gewaltigen Summen" an Brüssel, sagt Premierministerin May.
Großbritannien ist zurzeit nach Deutschland der zweitgrößte Netto-Zahler: Überweist London weniger, müssen also entweder die anderen Geberländer mehr übernehmen oder die Empfängerländer weniger kriegen. Die EU als Ganzes oder auch einzelne Mitglieder könnten London verklagen, wenn es die Rechnung für die Trennung nicht begleicht. Die Gutachten der heimischen Juristen stärken aber zweifelsohne das Blatt der Premierministerin, sagt Kishwer Falkner, die im Oberhaus sitzt. "Da gibt es keinen Zweifel", meint sie.
Alles eine Preisfrage
Doch die Briten wollen wahrscheinlich von einigen europäischen Programmen auch nach dem EU-Austritt profitieren - etwa im Bereich Wissenschaft und Forschung. Und sie wollen sich außerdem nach dem geplanten Ausstieg aus dem Binnenmarkt den bestmöglichen Zugang dazu sichern, wie Innenministerin Amber Rudd kürzlich betonte.
Die Frage ist nur, welchen Preis die EU dafür fordert - und welchen Preis Großbritannien bereit ist, zu zahlen. Außenminister Boris Johnson nennt Margaret Thatcher als Vorbild, die 1984 den genervten europäischen Partnern den Briten-Rabatt abtrotzte.
Vermutlich wird der Streit ums Geld erst Ende 2018 oder Anfang 2019 auf einem EU-Gipfel beigelegt, nach einem nächtlichen Verhandlungspoker.