Biden zu Nahost-Krieg "Ich will eine Feuerpause sehen"
Kurz vor Beginn des Fastenmonats Ramadan geht das Ringen um eine Feuerpause im Nahost-Krieg weiter. US-Präsident Biden appellierte erneut an die Beteiligten - und übte deutliche Kritik an Israels Premier Netanyahu.
US-Präsident Joe Biden dringt im Gaza-Krieg auf eine vorübergehende Waffenruhe. "Ich will eine Feuerpause sehen, beginnend mit einem großen Gefangenenaustausch. Für einen Zeitraum über sechs Wochen", sagte der 81-Jährige in einem Interview des US-Senders MSNBC. Auf eine Feuerpause könne aufgebaut werden, so Biden.
Er habe mit der Mehrheit der arabischen Staats- und Regierungschefs gesprochen, "von Saudi-Arabien über Ägypten bis Jordanien sind alle bereit, Israel vollständig anzuerkennen und mit dem Wiederaufbau der Region zu beginnen". Biden betonte, die Verhandlungen über eine Feuerpause würden fortgesetzt, und er gab sich optimistisch: "Ich glaube, es ist immer möglich. Daran werde ich festhalten."
Medienbericht: Verhandlungen sollen fortgesetzt werden
Zuvor hatte das Wall Street Journal berichtet, dass die Gespräche der Vermittler Ägypten, Katar und USA heute in Kairo weitergehen würden. Dem Bericht zufolge hält die islamistische Hamas an ihrer Forderung nach einem Waffenstillstand und Abzug der israelischen Armee aus Gaza fest, ist aber zu weiteren Verhandlungen bereit. Die arabischen Unterhändler planten, auf eine zunächst kürzere Feuerpause von zwei Tagen zu Beginn des Ramadan zu drängen, hieß es.
Seit Kriegsausbruch im vergangenen Jahr hatte Washington sich als engster Verbündeter Israels lange gegen das Wort "Waffenruhe" gewandt und drei Vetos gegen entsprechende UN-Resolutionen eingesetzt. Angesichts der steigenden Zahl ziviler Opfer und einer drohenden Hungersnot im Gazastreifen verstärken die USA nun aber den Druck auf Israel und brachten vor wenigen Tagen einen veränderten UN-Resolutionsentwurf mit der Forderung nach einer "sofortigen Waffenruhe" in den Weltsicherheitsrat ein. Es ist allerdings unklar, wann und ob es zu einer Abstimmung kommen könnte.
Biden: Netanyahu schadet Israel mehr als er hilft
In dem Interview übte Biden außerdem Kritik an dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanyahu. "Er schadet Israel mehr, als dass er Israel hilft", so der US-Präsident. Netanyahu habe das Recht, Israel zu verteidigen und die Hamas weiter zu bekämpfen. "Aber er muss, er muss, er muss den unschuldigen Leben größere Aufmerksamkeit schenken, die in der Konsequenz der ergriffenen Maßnahmen verloren gehen."
Es dürfe nicht zugelassen werden, dass als Konsequenz aus dem Vorgehen gegen die Hamas weitere 30.000 Palästinenser sterben, mahnte der 81-Jährige auf die Frage, ob eine Bodenoffensive in der Stadt Rafah für ihn eine rote Linie darstelle. Laut der von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen wurden bei Israels Militäroffensive bislang schon mehr als 30.000 Menschen getötet. Gleichzeitig betonte Biden, die Verteidigung Israels sei "immer noch von entscheidender Bedeutung". Er werde die Seite Israels nie verlassen.
Vorbereitungen für Seekorridor und Hafen
Die USA hatten sich zuletzt verstärkt für mehr Hilfslieferungen für den Gazastreifen eingesetzt. Noch heute sollen von Zypern aus erste Schiffe mit Hilfsgütern für den Gazastreifen ablegen. Außerdem wollen die USA eine provisorische Schiffsanlegestelle vor der Küste des Gazastreifen bauen. Dafür ist nun ein erstes Schiff in die Region gestartet. Bis die Anlegestelle einsatzfähig ist, werde es etwa 60 Tage dauern.
Unabhängig von der Vorbereitung der provisorischen Hafenanlage arbeitet die internationale Gemeinschaft an der Etablierung eines Seekorridors. In Kürze soll ein Schiff der spanischen Hilfsorganisation Open Arms von Zypern aus ablegen. Nach Angaben des Organisationsgründers, Oscar Camps, habe das Schiff 200 Tonnen Reis und Mehl an Bord, die kurz vor der Küste des Gazastreifens in Kähne umgeladen und an Land gebracht werden sollten. Die Fahrt werde wohl zwei bis drei Tage dauern. Auch Deutschland beteiligt sich an dem Seekorridor.