Kaum Essen und Medizin Warum der Mangel in Gaza besonders Mütter trifft
Hunderttausende Menschen in Gaza hungern. Doch wenn Mütter nicht genügend Nahrung bekommen, leiden darunter auch ihre Babys - die Milch macht sie nicht satt. Und im Krieg ist bereits die Geburt lebensgefährlich.
Wenn man in Israel über das Leid der Frauen im Gazastreifen spricht, dann denken die Meisten wohl an die dort immer noch festgehaltenen 15 weiblichen Geiseln. Man weiß kaum etwas darüber, wie es ihnen geht, noch nicht einmal, ob sie noch am Leben sind.
Fragt man Palästinenser, dann sprechen sie vom Leid Hunderttausender Frauen im Gazakrieg. Frauen leiden besonders unter der katastrophalen Versorgungslage dort - vor allem, wenn sie schwanger sind oder kleine Kinder haben. Schon vor ein paar Wochen machte Sima Sami Bahous, Direktorin der UN-Frauenorganisation, darauf aufmerksam.
Pro Tag bringen nach ihren Worten 180 Frauen im Gazastreifen ein Kind zur Welt - ohne Wasser, ohne Schmerzmittel, ohne Anästhesie für einen Kaiserschnitt, ohne Strom für Inkubatoren und ohne anderes medizinisches Material. "Und trotzdem kümmern sie sich weiter um ihre Kinder, die Kranken, die Älteren, sie bereiten Babymilch mit verseuchtem Wasser zu, essen selbst nichts, damit ihre Kinder einen weiteren Tag überleben. Mit großen Risiken in völlig überfüllten Lagern. Sie sind ihres Lebens beraubt, ihrer Sicherheit und ihrer Würde."
Schwierige Lage in Rafah
Bei Em Ismael schreit das Kind, das sie vor kurzem geboren hat. Eigentlich kommt sie aus dem völlig zerstörten Gaza-Stadt, jetzt lebt sie mit fünf Kindern in Rafah in einem Zelt. Weit über eine Million Menschen suchen in der Stadt Schutz, in der Hoffnung, dass die Kämpfe hier weniger heftig sind - und dass Hilfsgüter über die Grenze zu Ägypten kommen.
Doch für Frauen wie Em Ismael reicht es nicht: "Als eine Frau, die gerade ein Kind geboren hat, brauche ich etwas zu essen. Zurzeit bekomme ich keine Hilfe, von allen Seiten sind wir eingeschlossen. Das hat Einfluss auf meine Gesundheit, meine Fähigkeit zu stillen. Wenn es keine gesunde Milch gibt, hat das negative Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes."
Ohne genügend Nahrung keine sättigende Muttermilch
Ein paar Zelte weiter ist Em al-Amir in einer ähnlichen Lage. Auch die 29-Jährige müsste eigentlich ihr Baby stillen. In Friedenszeiten das Normalste der Welt. Aber jetzt funktioniert es nicht, sagt sie: "Selbst wenn das Baby gestillt wird, bleibt es hungrig und weint die ganze Zeit. Denn wenn eine Mutter gut isst, dann geht das in die Milch und das Baby wird satt. Aber wenn es kein gutes Essen gibt, wie soll man das Baby stillen? Es braucht dann Milchersatz."
Weit mehr als 500.000 Menschen im Gazastreifen stehen nach Angaben der Vereinten Nationen vor dem Hungertod, darunter sind auch viele Frauen. Es wird geschätzt, dass 50.000 Frauen dort schwanger sind. Rund 40 Prozent davon gelten als Risikoschwangerschaften. Es gibt Berichte, dass die Zahl der Fehlgeburten um bis zu 20 Prozent angestiegen ist. Geburten finden oft ohne einen Arzt oder eine Hebamme statt. Oft gibt es nicht einmal steriles Werkzeug, um die Nabelschnur durchzuschneiden, berichten Ärzte und Krankenschwestern.
Kaum normale Hygiene möglich
Und auch Frauen, die nicht schwanger sind, haben eine Problem, wenn sie ihre Regel haben. Es gibt nicht genügend Hygieneartikel - geschweige denn ein Bad, berichtet al-Amir: "Eine große Zahl von Menschen nutzt das Bad. Hier wohnen in jedem Zelt mindestens sieben Leute. Mehr als 200 müssen sich ein Bad teilen. Ich muss eineinhalb Stunden warten, wenn ich ins Bad muss. Und stell Dir vor, wie es da aussieht. Völlig dreckig. Die Lage ist sehr schwierig."
Frauen sind, zusammen mit den Minderjährigen, die am meisten Leidtragenden im Gazakrieg. Sie machen nach UN-Angaben rund 70 Prozent der Toten und Verletzten aus. Und dass bei weitem zu wenige Hilfsgüter in das Gebiet kommen, bekommen sie besonders zu spüren.