Humanitäre Hilfe für Gaza Bau von Hafen könnte bis zu zwei Monate dauern
Bis Schiffe mit Hilfsgütern an dem von den USA geplanten Hafen im Gazastreifen anlegen können, wird es noch dauern. Neben den USA appelliert darum auch Bundeswirtschaftsminister Habeck erneut an Israel, mehr Hilfstransporte zuzulassen.
Noch am Wochenende sollen von Zypern aus erste Schiffe mit Hilfsgütern für den Gazastreifen ablegen. Doch dort fehlt bislang ein Hafen mit genügend Tiefgang, den große Schiffe ansteuern könnten. Die USA wollen einen solchen Hafen bauen, doch das könnte nach Angaben des US-Militärs bis zu zwei Monate dauern.
"Wir gehen davon aus, dass mehr als 1.000 Soldaten am Bau der Einrichtung beteiligt sein werden. Der Zeitrahmen beträgt mehrere Wochen, wahrscheinlich bis zu 60 Tage", sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder. Die US-Soldaten sollen in einiger Entfernung zur Küste einen schwimmenden Pier installieren, an dem von Zypern kommende große Schiffe anlegen können.
Von diesem schwimmenden Pier werden die Hilfsgüter nach Ryders Darstellung in kleinere Schiffe der US-Marine umgeladen und zu einem direkt an der Küste installierten Damm transportiert. Von dort sollen Güter per Lkw an Land gebracht und in Gaza verteilt werden. Wer die Verteilung der Hilfsgüter übernimmt und für die Sicherheit des Hafens verantwortlich ist, werde derzeit noch mit Partnerländern in der Region geklärt, sagte Ryder.
Spanisches Schiff soll Hilfskorridor eröffnen
In Kürze soll ein Schiff der spanischen Hilfsorganisation Open Arms im Rahmen des Hilfskorridors von Zypern aus ablegen. Nach Angaben des Organisationsgründers, Oscar Camps, habe das Schiff 200 Tonnen Reis und Mehl an Bord, die kurz vor der Küste des Gazastreifens in Kähne umgeladen und an Land gebracht werden sollten. Die Fahrt werde wohl zwei bis drei Tage dauern.
EU-Kommissionssprecher Balazs Ujvari sagte, es gebe noch eine Reihe logistischer Probleme. Auch die Vereinten Nationen und das Rote Kreuz sollten eine Rolle spielen.
Habeck sichert Unterstützung für Seekorridor zu
US-Präsident Joe Biden hatte die Pläne für einen Hafen im Gazastreifen in seiner Rede zur Lage der Nation bestätigt. Neben den USA unterstützen mehrere Staaten die geplante humanitäre Hilfe über den Seeweg - darunter auch Deutschland. Am Freitag betonte Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Beitrag beim Kurznachrichtendienst X: "Es muss mehr Hilfe nach Gaza gelangen." Und auch aus dem Auswärtigen Amt hieß es, "jedes Hilfspaket, das in Gaza ankommt, zählt".
Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stellte bei seinem USA-Besuch deutsche Unterstützung für die Hilfstransporte über das Meer in Aussicht. Die Bundesregierung habe "immer versucht, humanitäre Hilfe zu ermöglichen". Einen Kurswechsel im Umgang Deutschlands mit Israel sieht er durch das Engagement für mehr humanitäre Hilfe für den Gazastreifen nicht. "Das ist aus meiner Sicht gar kein Schwenk", betonte der Grünen-Politiker. Grundsätzlich strebe Deutschland nach Frieden und Schutz für Israel.
Allerdings forderte Habeck Israel auf, angesichts der drastischen Notlage der palästinensischen Bevölkerung "seine Strategie im Gazastreifen" zu ändern. Israel müsse zwar weiterhin die Terrormiliz die Hamas bekämpfen, "aber die Zahl der zivilen Opfer ist zu hoch", mahnte Habeck. Es sei nicht zu akzeptieren, "dass der Schutz der Zivilbevölkerung so gar nicht da ist, dass sich Seuchen ausbreiten, dass Menschen Hunger leiden und vielleicht irgendwann an Hunger sterben". Dies seien "unhaltbare Zustände".
Biden geht offenbar die Geduld mit Netanyahu aus
Auch die USA üben immer deutlichere Kritik an Israel und dessen Regierungschef Benjamin Netanyahu. Wiederholt hatte Biden gefordert, dass die israelische Regierung mehr Hilfstransporte über den Landweg zulassen müsse. Auch auf einen stärkeren Schutz der zivilen Bevölkerung im Gazastreifen hatte der US-Präsident immer wieder gepocht.
Kurz nach Ende seiner Rede zu Lage der Nation hatte Biden im Gespräch mit Ministern und Senatoren angedeutet, dass seine Geduld mit Netanyahu bald zu Ende gehen könnte. Biden sprach laut US-Medien von einem notwendigen "Erweckungserlebnis" für Israels Ministerpräsidenten.
Auch die Forderung der USA nach einer erneuten Feuerpause im Gazastreifen bleibt bislang ohne Ergebnis. Biden hatte sich für eine sechswöchige Waffenruhe ausgesprochen, die zu Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan in Kraft treten sollte. Doch bisher konnten sich Israel und die Hamas nicht auf eine Kampfpause einigen.
Mit Informationen von Ralf Borchard, ARD-Studio Washington