Länder lehnen Kooperation ab Scheitern EU-Pläne für Asylzentren?
Die EU setzt auf die Einrichtung von Asylzentren an der nordafrikanischen Küste, um Migranten von der Fahrt über das Mittelmeer abzuhalten. Doch bisher haben alle in Frage kommenden Länder abgesagt.
Ausschiffungsplattformen - der Begriff könnte das Unwort des Jahres 2018 werden. Beim EU-Gipfel in Brüssel vor einem Monat hatten sich die Staats- und Regierungschefs darauf geeinigt, dass sie mit nordafrikanischen Ländern Verträge abschließen wollen, damit diese Zentren einrichten, in denen geprüft werden soll, ob Flüchtlinge ein Asylrecht in der EU haben oder nicht.
Doch dieser Plan droht zu scheitern. Denn bislang hat sich noch kein einziges nordafrikanisches Land dazu bereit erklärt. Der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen war vor einigen Tagen mit einer Delegation des EU-Parlaments in Tunesien und Algerien, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Er sagt: "Die tunesische Seite war ganz klar, dass sie für die Europäer keine Migrantenlager, die sogenannten Ausschiffungsplattformen, einrichten wollen. Das wäre nicht vermittelbar in der tunesischen Bevölkerung, und das wollen sie auch nicht."
Angst vor Scheitern der Rückführung
Das kleine Tunesien mit etwas über zehn Millionen Einwohnern hat mehr als eine Million Flüchtlinge aus dem Nachbarland Libyen bei sich aufgenommen. Hinzu kommen Migranten, die vor allem aus der Sahelzone dorthin gehen. Tunesien habe ein Problem mit Lagern, sagt der SPD-Politiker. Sie wollten dort nicht, dass Menschen in Lagern zusammengepfercht werden: "Vor allen Dingen fürchten sie sich davor, dass die Rückführungen dieser Menschen in die verschiedenen Länder nicht funktionieren. Das heißt, dass sie, wenn sie solche Lager einrichten würden, noch mehr ein Zielland würden - für Armutsflüchtlinge oder auch sonstige Asylbewerber."
Ganz ähnliche Töne seien aus Algerien und Marokko zu hören. Die nordafrikanischen Küstenländer, die sogenannten Maghreb-Staaten, sträuben sich also gegen europäische "Ausschiffungsplattformen". Die EU verfolgt hier die falsche Strategie, kritisiert Leinen: "Das Problem wird man nicht mit Flüchtlingslagern in den Maghreb-Staaten lösen. Da muss man tiefer in Afrika hinein und versuchen, dort Partnerschaften auszubauen."
Probleme auch in anderen afrikanischen Ländern
Tiefer in Afrika hinein? Also dorthin, woher viele Flüchtende stammen, zum Beispiel Niger, Tschad und Mauretanien oder noch weiter südlich, Benin und Burkina Faso. Hier Partnerschaften aufzubauen, braucht viel Zeit und Geld. Ein weiteres Problem ist, dass es dort zum Teil korrupte und unterdrückende Regierungen gibt.
"Die Afrikaner sagen uns, dass Europa eine Teilschuld trägt an der derzeitigen Situation", erzählt der SPD-Politiker Jo Leinen. Die zerrüttete Lage in Libyen und Syrien sei auch auf verunglückte Interventionen des Westens zurückzuführen: "Die Kriegsflüchtlinge sind auch Produkte europäischer Politik. Und sie sehen auch die Armutsflüchtlinge als eine Folge verfehlter Entwicklungspolitik und verfehlter Agrar- und Fischereipolitik."
Einfach mal ein Flüchtlingslager zu bauen, würde in diesen Ländern nicht reichen. Sie bräuchten faire Wirtschaftspartnerschaften. Doch dazu sind viele EU-Länder nicht bereit.