Dschihadisten fahren auf einem Motorrad durch ein Dorf bei Idlib

Großangriff Dschihadisten erobern Städte und Dörfer in Syrien

Stand: 29.11.2024 12:46 Uhr

Bei einem Großangriff haben Dschihadisten-Milizen mehr als 50 Städte und Dörfer im Nordwesten Syriens eingenommen. Auch ein Universitätsgelände in Aleppo wurde offenbar attackiert. Tausende Menschen sind auf der Flucht.

Es sind die schwersten Gefechte seit Jahren zwischen islamistischen Rebellen und Regierungstruppen im Nordwesten Syriens: Dschihadisten und mit ihnen verbündete Kämpfer haben nach Angaben von Aktivisten dutzende Städte und Dörfer im von der Regierung kontrollierten Norden und Nordwesten Syriens erobert.

"Mehr als 50 Dörfer und Städte in den Regionen Aleppo und Idlib stehen nun unter der Kontrolle von Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und verbündeter Fraktionen", erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien. Die Angaben sind unabhängig nicht überprüfbar.

In Aleppo wurden bei einem Angriff der islamistischen Kämpfer auf ein Universitätsgelände vier Menschen getötet, wie die Beobachtungsstelle und die syrische Nachrichtenagentur Sana melden. Die Opfer sollen demnach Studenten sein. Die Rebellen wiesen diese Behauptung zurück.

Syriens Armee wird von Russland unterstützt

Als Reaktion auf die Offensive habe die syrische Armee mit Unterstützung russischer Kampfjets mehr als 60 Ziele in Idlib und im Umland von Aleppo angegriffen. Ein Sicherheitsbeamter sagte, die syrische Armee habe Verstärkung nach Aleppo geschickt. Die Angreifer seien "nicht bis an die Grenzen der Stadt gelangt", fügte er hinzu.

Die russische Regierung forderte die syrischen Behörden auf, die Ordnung in Aleppo wieder herzustellen. Die Behörden müssten "in diesem Gebiet so schnell wie möglich Ordnung schaffen und die verfassungsmäßige Ordnung wiederherstellen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow vor Journalisten.

Menschen auf der Flucht

Am Mittwoch waren bewaffnete Gruppen unter der Führung der islamistischen HTS nach Angaben aus Armee- und Aufständischenkreisen in die Provinz Aleppo vorgestoßen, die von der syrischen Regierung kontrolliert wird. Das syrische Militär sprach von einem Großangriff auf breiter Front. Der Angriff mit "mittelschweren und schweren Waffen zielte auf sichere Dörfer und Städte sowie auf unsere militärischen Einrichtungen in diesen Gebieten". Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle wurden bisher mehr als 240 Menschen getötet.

Wegen der intensiven Gefechte sind nach Angaben der Vereinten Nationen seit Mittwoch rund 14.000 Menschen in der Umgebung von Idlib und westlich von Aleppo vertrieben worden. Die Lage verschlechtere sich insbesondere für die Zivilbevölkerung, sagte David Carden, stellvertretender regionaler UN-Koordinator für humanitäre Hilfe in Syrien, der Nachrichtenagentur dpa. "Wir erhalten Berichte über Kinder mit mehreren Verletzungen durch Schrapnell", sagte er.

Keine politische Lösung in Sicht

Im Jahr 2011 war in Syrien ein verheerender Bürgerkrieg ausgebrochen. Heute ist das Land gespalten. Machthaber Baschar Al-Assad kontrolliert mithilfe seiner Verbündeten Russland und Iran inzwischen wieder zwei Drittel des Landes. Der Nordwesten ist teilweise unter Kontrolle von Oppositionskräften. Eine politische Lösung für den Konflikt ist nicht in Sicht.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 29. November 2024 um 12:54 Uhr.