Nach Wahl in Pakistan Koalition um Ex-Premier Sharif vereinbart
Knapp zwei Wochen nach der Wahl in Pakistan steht das Land offenbar vor einer Regierungsbildung: Die Volkspartei hat einen Koalitionsvertrag mit der Muslimliga geschlossen - mit dem früheren Premier Sharif an der Spitze.
In Pakistan bildet sich offenbar eine Regierung um den ehemaligen Premierminister Shehbaz Sharif. Nach zehn Tagen intensiver Verhandlungen erklärten die vom Militär unterstützte konservative Partei Muslimliga-Nawaz (PML-N) von Sharif und die Pakistanische Volkspartei (PPP) am späten Dienstagabend, die seit Tagen andauernden Verhandlungen, an denen auch mehrere Kleinparteien beteiligt waren, seien abgeschlossen.
Sharif soll Koalition anführen
Die beiden Parteien wollten schnellstmöglich eine Regierung bilden, sagte Ex-Außenminister Bilawal Bhutto Zardari, der als Spitzenkandidat für die PPP ins Rennen gegangen war. Er bestätigte während einer Pressekonferenz mit Shehbaz Sharif, dass der ehemalige Regierungschef der Muslimliga die Koalition anführen und neuer Premierminister Pakistans werden soll. Seinen Vater Asif Ali Zardari schlage das Bündnis als Präsidenten vor. Zardari ist der Witwer der ehemaligen Premierministerin Benazir Bhutto. Der Sohn der beiden, Bilawal Bhutto Zardari, ist der Parteivorsitzende der PPP. Zardari sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Sharif, die Besetzung der Ministerposten sei beschlossen und werde in den kommenden Tagen verkündet.
Gemäß pakistanischer Verfassung muss bis zum 29. Februar eine Parlamentssitzung einberufen werden, bei der über einen neuen Premier abgestimmt wird. In Pakistan wird der Regierungschef mit einer einfachen Mehrheit von der Nationalversammlung für fünf Jahre gewählt.
Die Parlamentswahl in Pakistan am 8. Februar war ohne eindeutigen Sieger ausgegangen. Die von dem inhaftierten Ex-Premier Imran Khan unterstützten Kandidaten hatten die meisten Sitze erhalten. Sowohl Khan als auch der frühere Premier Sharif reklamierten den Sieg für sich. Nawaz ist der ältere Bruder von Shehbaz Sharif und hat ihn als Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten vorgeschlagen.
Die PPP und die PML-N sind von Familiendynastien beherrschte Parteien, welche die pakistanische Politik seit Jahrzehnten dominieren - in der Regel als erbitterte Rivalen. 2022 verbündeten sie sich, um Khan mit einem Misstrauensvotum aus dem Amt zu heben und regierten danach in einer instabilen Koalition, bis das Parlament im August aufgelöst wurde.
Wahl überschattet von Manipulationsvorwürfen
Nach der Wahl hatte es verbreitete Vorwürfe der Wahlfälschung und der Manipulation der Ergebnisse gegeben, nachdem die Behörden am Wahltag das landesweite Mobilfunknetz aus angeblichen Sicherheitsgründen abgeschaltet hatten und die Auszählung mehr als 24 Stunden dauerte. Der Wahlkampf in Pakistan war von Gewalt, der Inhaftierung Khans und der Behinderung seiner Partei PTI durch das vom Militär geführte Establishment überschattet worden. Der populäre Ex-Regierungschef und frühere Cricket-Star war wenige Tage vor der Wahl wegen Hochverrats, Bestechung sowie einer für illegal erklärten Ehe zu langen Haftstrafen verurteilt worden.
Seit der Unabhängigkeit Pakistans vor über 75 Jahren infolge der Teilung Britisch-Indiens kam es immer wieder zu Unruhen und Instabilität in dem Land. Mehr als die Hälfte dieser Zeit regierte das Militär. Auch unter den zivilen Regierungen galten Generäle als die Kraft, die über Erfolg oder Scheitern der politischen Führung entscheiden konnten.
Das Land mit 241 Millionen Einwohnern - etwa dreimal so viele wie Deutschland - sieht sich mit einer Wirtschaftskrise und Inflation auf Rekordhöhe konfrontiert.