Änderungspläne nach Protesten Netanyahu will Teile der Justizreform streichen
Seit Monaten protestieren Hunderttausende Israelis gegen die geplante Justizreform der Regierung. Nun lenkt Premier Netanyahu offenbar ein und will den strittigsten Teil der Reform streichen.
Der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu hat angekündigt, den umstrittensten Teil der geplanten Justizreform zu streichen. Er habe den ursprünglichen Plan fallen gelassen, dem Parlament die Aufhebung von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zu ermöglichen.
Er werde auch ein weiteres umstrittenes Element der Reform überarbeiten, das der Regierungskoalition mehr Macht bei der Ernennung von Richtern gegeben hätte, sagte Netanyahu dem "Wall Street Journal". Wie die neue Version aussehen werde, ließ der konservative Politiker aber offen, der eine in Teilen rechtsradikale Regierung führt. "Ich achte auf den öffentlichen Puls und darauf, was meiner Meinung nach dabei standhalten wird", sagte Netanyahu.
Massive Proteste gegen Reform
Seit Bekanntwerden der Justizreform im Januar hatten Hunderttausende Israelis jeden Samstagabend gegen das Vorhaben der rechtsnational-religiösen Regierung demonstriert. Sie betrachten den Passus, den Netanyahu nun streichen will, als einen direkten Angriff auf die Demokratie und die Gewaltenteilung.
Den landesweiten Protesten hatten sich auch führende Oppositionspolitiker, Reservisten der Armee und Mitglieder der israelischen Sicherheitsdienste angeschlossen. Im Zuge der Massenproteste und der Androhung umfangreicher Streiks hatte die israelische Regierung Ende März ihre Pläne zunächst ausgesetzt.
Mehr Einfluss auf Gerichtsurteile
In der vergangenen Woche nahmen die Abgeordneten die Debatte über den Gesetzentwurf auf, der die Befugnisse des Obersten Gerichtshofs einschränken würde. Die Reform soll der Regierung die Kontrolle über die Ernennung von Richtern am Obersten Gerichtshof geben. Zudem hätte sie die Möglichkeit, Gerichtsurteile auf der Grundlage einer einfachen parlamentarischen Mehrheit außer Kraft zu setzen.
Kritiker sehen in den Plänen für die Justizreform auch einen Versuch Netanyahus, der wegen Bestechungsvorwürfen selbst vor Gericht steht, die Unabhängigkeit des Gerichts einzuschränken.
Besorgnis im Westen
Die geplanten Änderungen weckten auch im Westen Besorgnis über die demokratische Verfasstheit Israels und verschreckten Investoren. Die Regierung hat erklärt, die Reform sei notwendig, um Richter zu zügeln und ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der gewählten Regierung und der Justiz herzustellen.
Mit Informationen von Clemens Verenkotte, ARD-Studio Tel Aviv