Drohungen von Iran und Hisbollah Israel stellt sich auf Großangriff ein
Israel rechnet mit einem Großangriff des Iran, der Hisbollah und weiterer Milizen. US-Präsident Biden sicherte Regierungschef Netanyahu Beistand zu. Die Tötung von Hamas-Auslandschef Hanija nannte Biden nicht hilfreich.
Der Iran, die vom Iran gestützte Hisbollah im Libanon, die militant-islamistische Hamas: Sie alle haben angekündigt, sich an Israel für die Tötung ihrer Führungsfiguren rächen zu wollen. Das Land geht daher davon aus, dass es in den kommenden Tagen und Stunden Ziel eines Großangriffs werden könnte, an dem eventuell auch die aus dem Jemen operierenden Huthi beteiligt sein könnten.
Ein "sehr direktes Gespräch"
Bereits gestern hatte Israel seine Streitkräfte in höchste Abwehrbereitschaft versetzt und seine Flugabwehr einsatzbereit gemacht. Am Abend meldete die Hisbollah, sie habe den Norden Israels mit Raketen beschossen - laut den israelischen Streitkräften trafen die Geschosse aber lediglich unbesiedeltes Gebiet beziehungsweise konnten abgefangen werden.
Premier Benjamin Netanyahu hatte angekündigt, für jede Aggression gegen sein Land werde es "einen hohen Preis fordern". US-Präsident Joe Biden sicherte Netanyahu und Israel in einem Telefonat den Beistand der USA "gegen alle Bedrohungen aus dem Iran" zu. Zugleich mahnte er Bemühungen um eine Deeskalation der Lage an. Biden beschrieb das Telefonat, an dem auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris teilnahm, als "sehr direktes Gespräch".
Biden: Hanijas Tod "keine Hilfe"
Die USA sind der wichtigste Verbündete Israels. Seit dem Angriff der Hamas im Oktober 2023, kämpft Israel gegen die Hamas im Gazastreifen und die Hisbollah im Libanon. Angesichts der monatelangen Kämpfe mit außerordentlich hohen zivilen Opfern und der katastrophalen humanitären Lage in Gaza ist der Druck auf Israels Regierung immer weiter gestiegen, den Konflikt politisch statt militärisch zu beenden und in einem ersten Schritt eine Waffenruhe zu vereinbaren. Auch, um die verbliebenen israelischen Geiseln aus dem Gazastreifen freizubekommen.
Doch während die Verhandlungen indirekt weiterliefen, wurden innerhalb weniger Stunden der Hamas-Auslandschef Ismail Hanija in Teheran und Hisbollah-Kommandeur Fuad Schukr in einem Vorort von Beirut getötet. Tags darauf gab Israel bekannt, dass auch Hamas-Militärchef Mohammed Deif seit Mitte Juni tot sei. Zur Tötung Hanijas äußerte sich Israel nicht, Hamas und der Iran machen aber Israel für den Angriff in Teheran verantwortlich. Auf die Frage, ob Hanijas Tötung eine Waffenruhe zunichte gemacht habe, sagte Biden: "Es hilft nicht".
Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hatte gestern von einer "neuen Phase" des Konflikts gesprochen und "Zorn und Rache" angedroht.
Türkei ruft Trauertag für Hanija aus
Unterdessen rief die Hamas zu einem "Tag des Zorns" im Westjordanland auf. Sie forderte die gläubigen Palästinenser auf, beim Freitagsgebet für Hanija zu beten und sich dann Protestmärschen anzuschließen.
Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan rief einen nationalen Trauertrag für Hanija aus, um "unsere Unterstützung für die palästinensische Sache und unsere Solidarität mit unseren palästinensischen Brüdern" zu bekunden, schrieb er auf der Plattform X. Er hatte Hanijas Tötung zuvor bereits verurteilt und Israel vorgeworfen, einen regionalen Krieg anzetteln zu wollen.
Hanija wurde womöglich durch ferngezündete Bombe getötet
Anders als zunächst berichtet soll Hanija laut einem Bericht nicht durch einen Luftangriff getötet worden sein: Die New York Times und das Wall Street Journal berichteten unter Berufung auf Informanten, er sei durch eine ferngezündete Bombe getötet worden. Den Attentätern sei es gelungen, den Sprengsatz in Hanijas Zimmer in einem bestens bewachten Gästehaus der Revolutionsgarden in Teheran zu schmuggeln. Der Sprengsatz sei mehrere Wochen lang unentdeckt geblieben.
Zusammen mit Hanija starb bei dem Anschlag auch ein Leibwächter. Den Berichten zufolge wurde der Anschlag von den Informanten als Folge eines katastrophalen Versagens der iranischen Geheimdienste und enorme Blamage für die Revolutionsgarden dargestellt.
In der katarischen Hauptstadt Doha versammelten sich viele Trauernde zur Beisetzung Hanijas, der dort bis zuletzt gelebt hatte. Das staatliche Fernsehen in Katar sprach von Tausenden Teilnehmern, die Nachrichtenagentur AFP von Hunderten. Die Zeremonie begann mit einem Gebet in der Imam-Abdul-Wahhab-Moschee, der Staatsmoschee von Katar. Sein Leichnam solle dann nach Angaben der Hamas auf einem Friedhof in der Stadt Lusail nördlich von Doha im engeren Familienkreis bestattet werden.