Verhandlungen zu Geisel-Deal Hamas-Anführer offenbar skeptisch
Im Ringen um eine Feuerpause in Nahost steht eine offizielle Antwort der Hamas auf die Zugeständnisse Israels noch aus. Der Anführer der Islamistengruppe meldete sich allerdings bereits zu Wort - und klang wenig optimistisch.
Der Anführer der militant-islamistischen Hamas im umkämpften Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, ist bezüglich des jüngsten Verhandlungsangebots für einen Geisel-Deal einem Medienbericht zufolge skeptisch.
Es handele sich nicht um ein Angebot der ägyptischen Vermittler, sondern um ein israelisches "in amerikanischem Gewand", das eine Reihe von Fallstricken enthalte, sagte eine dem Hamas-Anführer nahestehende Quelle dem israelischen Fernsehsender Channel 12 am Abend. So enthalte der gegenwärtige Entwurf keine Garantie, dass der Krieg beendet wird.
Unklar, wie viele Geiseln noch leben
Im Rahmen ägyptischer Vermittlungsbemühungen in Kairo war der Hamas ein Vorschlag für eine Feuerpause im Gegenzug für die Freilassung von Geiseln unterbreitet worden. Ägyptische Vermittler hatten das Angebot zuvor von Israel erhalten.
Bei dem Massaker am 7. Oktober in Israel hatten die Hamas und andere Terrorgruppen etwa 250 Geiseln genommen. 105 von ihnen wurden Ende November freigelassen. Wie viele von den übrigen noch am Leben sind, ist unklar.
Offizielle Antwort der Hamas bald erwartet
Eine Antwort der Hamas auf den israelischen Vorschlag steht noch aus. Die Islamistenorganisation bestand bislang auf einem Ende des Krieges, was Israel aber ablehnt. Die israelische Regierung hat einen raschen Beginn der umstrittenen Offensive in Rafah im Süden des Gazastreifens an der Grenze zu Ägypten angekündigt, sollte es nicht zu einer Einigung kommen.
Der im Libanon ansässige Hamas-Vertreter Osama Hamdan sagte dem von der proiranischen Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon kontrollierten Fernsehsender Al-Manar: "Unsere Position zum aktuellen Verhandlungspapier ist negativ"; das berichtete die Times of Israel in der Nacht. Laut der Pressestelle der Hamas bedeute das jedoch keinen Abbruch der Verhandlungen. Der Zeitung zufolge wollte die Organisation in den nächsten Stunden eine Antwort auf den jüngsten Vorschlag vorlegen.
Wie viel Gewicht hat al-Sinwars Wort?
Äußerungen von Hamas-Führern im Exil sollten nicht als offizielle Positionen der Islamistenorganisation betrachtet werden, sagte der Vertraute al-Sinwars dem israelischen Sender Channel 12. Der Gaza-Anführer verlasse sich bei seinen Entscheidungen nur noch auf zwei enge Gefolgsleute, die den Gazastreifen auf seinen Befehl hin vor dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres verlassen hätten.
Der Times of Israel zufolge hatte es in jüngster Zeit Äußerungen von Hamas-Führern im Exil gegeben, die ein Abkommen für eine Waffenruhe im Gazastreifen befürworteten.
Karte des Gazastreifen, graue Flächen: bebaute Flächen im Gazastreifen, schraffiert: von der israelischen Armee kontrollierte Gebiete
Blinken: "Hamas blockiert den Weg zur Feuerpause"
Bei seinem Besuch in Israel hatte US-Außenminister Antony Blinken die Hamas zuvor dazu aufgerufen, Israels Vorschlag für eine Feuerpause zuzustimmen. "Es ist die Hamas, die den Weg zur Feuerpause blockiert", sagte er. Es liege ein "sehr starker Vorschlag auf dem Tisch", dem die Terrororganisation "zustimmen und die Sache zu Ende bringen" müsse.
Der israelische Vorschlag sieht Medienangaben zufolge ein mehrstufiges Verfahren vor, in dem die Kämpfe im Gazastreifen vorerst für 40 Tage gestoppt werden und im Gegenzug Geiseln freikommen. Zunächst sollen Frauen, Kranke, Ältere und Verwundete freigelassen werden. Wie schon bei der ersten Waffenruhe werden auch palästinensische Häftlinge - ebenfalls in einem Stufenverfahren - aus israelischen Gefängnissen entlassen.
Die israelische Regierung wollte nach Aussage eines Sprechers bis zum Abend auf eine Antwort der Hamas warten. Danach werde "eine Entscheidung" getroffen, ob Israel eine Delegation zu weiteren Gesprächen nach Kairo entsenden werde.