Chance auf Feuerpause in Nahost "Die Hamas muss sich jetzt entscheiden"
Kommt Bewegung in die Verhandlungen über eine Feuerpause in Nahost? Es hängt wohl von der Hamas ab, ob sie auf einen neuen Vorschlag Israels eingeht. Dort gerät Regierungschef Netanyahu zunehmend unter Druck.
Die Anspannung wächst - denn die Chancen auf eine neue Feuerpause zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas scheinen so groß wie seit langem nicht mehr. Auf dem Tisch liegt Medienangaben zufolge ein israelischer Vorschlag, der eine Feuerpause von 40 Tagen vorsieht.
Im Gegenzug sollen etwa 30 bis 40 Geiseln von der Hamas freigelassen werden. Im Gespräch ist auch, dass - wie schon bei der ersten Waffenruhe im November - palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden.
Was nun fehlt, ist die Antwort der Hamas. Vertreter der Terrororganisation reisten aus Kairo ab, um das israelische Angebot zu prüfen. Die israelische Delegation, die in die ägyptische Hauptstadt fliegen wollte, verschob ihre Reise. Erst wolle erst man die Antwort der Hamas abwarten, zitieren israelische Medien Verhandlungskreise.
"Außerordentlich großzügiger" Vorschlag Israels
Es komme nun auf die Hamas an, sagte auch Außenministerin Annalena Baerbock im Interview mit dem Deutschlandfunk. Sie ist damit auf einer Linie mit US-Außenminister Anthony Blinken, der voraussichtlich morgen in Israel erwartet wird.
"Der Hamas liegt ein Vorschlag vor, der außerordentlich großzügig ist", betont Blinken. "Das Einzige, was im Moment zwischen den Menschen in Gaza und einem Waffenstillstand steht, ist die Hamas. Sie muss sich jetzt entscheiden, und zwar schnell entscheiden."
Unklar ist, welche Auswirkungen eine mögliche Feuerpause auf die israelische Innenpolitik hätte. Vertreter der rechtsextremen Regierungsparteien hatten damit gedroht, die Koalition zu verlassen, sollte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu im Zuge einer Waffenruhe vorerst darauf verzichten, Rafah im Gazastreifen anzugreifen. Die Stadt ganz im Süden an der ägyptischen Grenze gilt als letzte größere Hamas-Bastion.
Die Wut in der Bevölkerung wächst
Ganz anders die Stimmung auf den Demonstrationen, die auch Montagabend Tausende in Tel Aviv mobilisierten. Sie setzen die Regierung unter Druck, die Militäroffensive auszusetzen, um die in Gaza verbliebenen Geiseln zurückzubringen - auch wenn die Hoffnung eher gering ist.
"Es ist das Mindeste, was ich tun kann: hier an der Seite der Familien der Geiseln zu sein. Verschleppte Geiseln, die von der Regierung verlassen und verdammt wurden zu sterben", sagt Demonstrantin Ilana. "Nur der Druck der Weltöffentlichkeit, Rafah nicht anzugreifen, kann ihnen helfen."
Netanyahu immer stärker unter Druck
Ministerpräsident Netanyahu steht immens unter Druck: aus dem Ausland, von den eigenen Koalitionspartnern, in der israelischen Öffentlichkeit. Nicht wenige fordern, Netanyahu solle endlich abtreten. "Ich denke, sie müssen alle nach Hause gehen, sie müssen sich schämen für das, was am 7. Oktober passiert ist, sie müssen sich dafür schämen, wie mit dem Krieg umgegangen wurde", sagt Demonstrant Uri.
"Um zu wissen, was sie den Geiseln antun, müssen sie nur in die Augen der Familien der Geiseln schauen und verstehen, dass dies das Wichtigste ist." Doch noch ist der Ministerpräsident derjenige, der in Israel die Richtung vorgibt. Gespannt blicken alle auf seine nächsten Entscheidungen.