Nahost-Gespräche in Riad und Kairo Ringen um Geiseldeal - Warnung vor Rafah-Offensive
In zwei arabischen Hauptstädten laufen Nahost-Gespräche. Von denen in Kairo könnte abhängen, ob Israel - wie angekündigt - eine Offensive auf Rafah startet. Premier Netanyahu ist in einer Zwickmühle.
Es wird in diesen Stunden über die ganz großen und die eher kleineren Fragen verhandelt. Während es bei der Sitzung des Weltwirtschaftsforums im saudischen Riad auch um die Zukunft des Gazastreifens geht, um einen möglichen Wiederaufbau, die Beteiligung der arabischen Staaten und die Rolle der Palästinenser bei all dem, laufen in Kairo wieder einmal Verhandlungen über eine Waffenruhe.
Die Fragen, die in Kairo auf dem Tisch liegen, sind seit Monaten die gleichen, die Details ändern sich: Wie viele Geiseln, die noch immer in den Händen der Hamas und weiterer Terrororganisationen sind, werden freigelassen? Wie viele palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen kommen frei? Wie lange dauert die Waffenruhe? Wird es palästinensischen Familien möglich sein, zurückzukehren in den weitgehend zerstörten Norden des Gazastreifens? Und: Was heißt das für die israelische Offensive auf Rafah, deren Planung nach Israelischen Berichten schon steht?
Ein Druckmittel in Verhandlungen?
Israels Außenminister Israel Katz sagte im Fernsehsender Channel 12, bei einer Einigung würde die Offensive verschoben. "Wir werden alles tun, was nötig ist, um die Geiseln zurückzubringen. Wir treffen alle Vorbereitungen für die Operation, denn das ist das, was getan werden muss, aber ich hoffe, dass es eine Einigung geben wird", so Katz.
Unklar ist, ob die zahlreichen Berichte über eine unmittelbar bevorstehende Offensive in Rafah vor allem ein Druckmittel in den Verhandlungen über einen Geiseldeal sind. Denn in der Stadt an der Grenze zu Ägypten suchen immer noch mehr als eine Million Menschen Schutz. Unter anderem die USA fordern, dass sie zunächst evakuiert werden müssten.
Auch deshalb appellierte der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, in Riad an die USA, die Rafah-Offensive zu stoppen. Es brauche nur "einen kleinen Schlag" und alle, die in Rafah Schutz gesucht hätten, würden fliehen, so Abbas. "Dann wäre das die größte Katastrophe in der Geschichte des palästinensischen Volkes, und wir hoffen, dass Israel von dieser Aktion Abstand nimmt und diesen Angriff unterlässt."
Extreme drohen mit Ende der Koalition
Israels Premier Benjamin Netanyahu ist offensichtlich in der Zwickmühle: Einerseits hat er, fast sieben Monate nach dem Terrorangriff der Hamas, noch keines seiner Kriegsziele erreicht. Seine rechtsextremen Koalitionspartner lehnen größere Zugeständnisse ab - zum Beispiel eine Freilassung palästinensischer Gefangener in großer Zahl - und drängen gleichzeitig auf die Bodenoffensive in Rafah.
Finanzminister Bezalel Smotrich äußerte sich in einer Videobotschaft und drohte gar mit dem Ende der Regierung: "Wenn sie eine weiße Fahne hissen und den Befehl zur Eroberung von Rafah, zur Vollendung der Zerstörung der Hamas, für den Frieden für die Bewohner des südlichen Israel und alle Bürger des Landes und für die Befreiung der Geiseln widerrufen - dann hat die Regierung nicht mehr das Recht, weiter zu existieren."
Gleichzeitig betont Israel in diesen Tagen seine Bemühungen, mehr Hilfsgüter in den Gazastreifen zu lassen. Nach Angaben der Vereinten Nationen kamen im April im Durchschnitt rund 200 Lastwagen am Tag in das Gebiet - und damit mehr als bisher.
"Es kommt mehr nach Gaza als je zuvor"
In den vergangenen Wochen sei die humanitäre Hilfe für den Gazastreifen deutlich erhöht worden, sagt auch Daniel Hagari, der Sprecher der israelischen Streitkräfte. In den kommenden Tagen werde sie "noch weiter zunehmen" und es würden Lebensmittel, Wasser, medizinische Güter, Ausrüstung für Unterkünfte und andere Hilfsgüter gebracht. "Es kommt mehr nach Gaza als je zuvor", so der Militärsprecher.
Trotzdem: Nach UN-Angaben leiden immer noch mindestens 20 Prozent der Menschen im Gazastreifen an akutem Nahrungsmangel. Das liegt nicht nur daran, ob und wie viele Hilfsgütern in den Küstenstreifen kommen, sondern auch an ihrer Verteilung.