Brennender Tanker vor Jemen Angst vor einer Ölpest im Roten Meer
Seit Monaten beschießt die Huthi-Miliz aus dem Jemen Schiffe im Roten Meer. Ein getroffener Öltanker könnte nun zu einer Umweltkatastrophe führen. Das bedroht auch die Versorgung der Menschen im Jemen.
Satellitenbilder zeigen aus der Luft den Ort der drohenden Katastrophe: Immer noch scheint es auf dem griechischem Öltanker "Sounion" zu brennen.
"Das Schiff hat eine Million Barrel Rohöl geladen. Noch sind die Tanks intakt", sagte Sabrina Singh, Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums, vor einigen Tagen. "Es brennt an mehreren Stellen auf dem Schiff. Diese Feuer könnten sich ausbreiten und dann auch die Öltanks erreichen - und wenn eine Millionen Barrel Rohöl ins Rote Meer gelangen, kann man nur ein Wort dafür gebrauchen: Katastrophe."
Die "Sounion" könnte zu einer der schlimmsten Umweltkatastrophe der Geschichte werden - schlimmer noch als die Ölpest der Exxon Valdez, die 1989 vor Alaska verunglückte und bei der 40.000 Tonnen Erdöl in die Umwelt gelangten. Hunderttausende Tiere starben.
Einmaliger Fischbestand, unzählige Korallen
In diesem Fall wäre das empfindliche Ökosystem des Rotes Meeres betroffen - mit einmaligem Fischbestand und unzähligen Korallen. Und auch die Versorgung der eh schon bitterarmen Menschen im Jemen könnte betroffen sein, warnt Manfred Santen von der Umwelt-Organisation Greenpeace.
"Die Fischerei ist in der Region die Hauptnahrungsgrundlage und man rechnet damit, es könnten bis zu 50 Prozent des Fischereigeschäftes gefährdet sein", sagt Santen. "Das hat natürlich immense Auswirkungen auf die Versorgungslage der Menschen dort."
Ein erster Versuch, die "Sounion" abzuschleppen und die Feuer an Bord zu löschen, scheiterte von wenigen Tagen. Auch greifen die Huthi weiterhin Schiffe im Roten Meer an. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist zurzeit im Nahen Osten unterwegs und thematisierte in ihrer Pressekonferenz in Jordanien die drohende Katastrophe.
"Die Abwehr der Huthi-Aggression geht uns alle an"
"Seit Tagen brennt ein griechischer Öltanker und droht, eine Umweltkatastrophe auszulösen. Das zeigt, wie wichtig weiterhin die EU-Operation 'Aspides' ist, an der sich Deutschland beteiligt", sagte Baerbock. Auch die regionalen Partner stünden hier in der Verantwortung. "Denn der Schutz der internationalen Schifffahrt und die Abwehr der Huthi-Aggression geht uns alle an."
Seit Monaten beschießen die Huthi aus dem Jemen Schiffe im Roten Meer, aus Solidarität mit den Palästinensern in Gaza. Die Huthi fordern ein Ende der Kämpfe in Gaza und einen Abzug Israels - nur dann würden sie aufhören, Frachtschiffe anzugreifen.
Eine internationale Marine-Allianz und eine EU-Mission sind im Roten Meer unterwegs, um Schiffe zu schützen - doch auch sie konnten den Beschuss der "Sounion" nicht verhindern. Als der Öltanker gleich mehrmals getroffen wurde, konnte zwar die Besatzung in Sicherheit gebracht werden. Das Schiff aber trieb zunächst kommandolos im Meer und liegt jetzt vor der Küste des Jemen vor Anker.
Nächster Rettungsversuch ist unklar
Die jemenitische Exilregierung in Aden appelliert an die internationale Gemeinschaft, bei der Rettung des Schiffes weiter zu helfen.
"Wir im Jemen verfügen nicht über die Mittel, um das Schiff zu retten", sagt Faisal al-Thalabi, Chef der jemenitischen Umweltschutzbehörde. Die Lage des Schiffes erschwere den Zugang, da es sich derzeit in der Nähe des Hafens von Hodeidah befinde, der unter der Kontrolle der Huthi stehe.
"Unser Notfallausschuss hat bereits getagt. Wir haben chemische Mittel zur Bekämpfung einer Ölpest und stehen in ständigem Kontakt mit maritimen Organisationen, um auf alle Entwicklungen vorbereitet zu sein. Wir aktualisieren rund um die Uhr die Informationen über den Zustand des Schiffes."
Wann und wie ein erneuter Versuch unternommen wird, die "Sounion" zu retten, die Brände an Bord zu löschen oder das Öl abzupumpen, ist völlig unklar. Nur eines stehe fest, sagt al-Thalabi: "Wenn das Schiff untergeht - das wäre eine Tragödie für den Jemen und für die gesamte Welt."