Stilllegung des AKW Fukushima "Der Brennstoff muss raus"
Mehr als 13 Jahre nach der Katastrophe von Fukushima ist es dem Betreiber des havarierten AKW gelungen, Brennstoff aus einem Reaktor zu entnehmen. Es könnte ein Schritt hin zur Stilllegung sein. Aber der Weg ist noch weit.
Mit fast drei Jahren Verspätung präsentiert die Betreiberfirma des ehemaligen japanischen Kernkraftwerks Fukushima, TEPCO, einen ersten Erfolg: Mithilfe eines mehr als 20 Meter langen Teleskop-Robotergreifarms ist es gelungen, ein kleines Stück Brennstoff aus dem Inneren eines Reaktors zu holen.
Und klein bedeutet auch klein: Nur 0,7 Gramm leicht und kaum größer als ein Ohrstöpsel ist dieses hoch radioaktive schwarze Steinchen, das inzwischen in einem Labor analysiert wird.
Dort wird nach Angaben der Stilllegungsfirma von TEPCO überprüft, aus welchen Bestandteilen die Probe konkret besteht, wie die chemische Zusammensetzung aussieht und wie hoch die Strahlungswerte sind.
"Trial and Error" als einzige Option
In den kommenden Wochen und Monaten sollen weitere Proben auf diese Weise genommen werden, um ein genaueres Bild zu bekommen, was im Reaktor vor sich geht. Erst dann kann mit der Entwicklung passender Technologien und Roboter begonnen werden, um größere Mengen Brennstoff zu bergen.
Diese Vorgehensweise erinnert Nuklearexperte Wolfgang Raskob an die Stilllegung des havarierten Kernkraftwerks Three Miles Island in den USA. Dort kam es 1979 zu einem Reaktorunfall mit Kernschmelze. Es gebe im Fall von Fukushima keine Alternative zur Methode "Trial and Error" - Versuch und Irrtum -, so Raskob im Interview mit dem ARD-Studio Tokio. Dieses "Ausprobieren" kostet allerdings viel Zeit.
Bis 2051 soll Fukushima stillgelegt sein. Experten halten den Zeitplan der Regierung für völlig unrealistisch. Hinzu kommt, dass es bislang weder geeignete Gerätschaften für die Bergung, noch ein Zwischenlager für den Atommüll, geschweige denn ein Endlager gibt.
Sicherheit nur durch vollständige Bergung
TEPCO steht erst ganz am Anfang. In den Reaktoren liegen schätzungsweise noch 880 Tonnen an radioaktivem Material. Es ist die sechsfache Menge dessen, was aus Three Miles Island herausgeholt werden musste. Dort dauerte die Stilllegung rund zehn Jahre.
Trotzdem findet es Wolfgang Raskob richtig, den Kernbrennstoff zu bergen. Es sei aktuell nicht möglich zu garantieren, dass dort in den nächsten Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten nichts mehr passiert. Vor allem im Hinblick auf die immer präsente Erdbebengefahr in der Region. Also müsse der Brennstoff raus.
Politik setzt weiter auf Atomkraft
Das Vorhaben hat aber nicht nur technologisch eine große Bedeutung, sondern auch politisch. Trotz der Katastrophe von Fukushima und des ungewissen Rückbaus setzt Japans konservative Regierung weiterhin auf Atomkraft.
Um nicht in Erklärungsnot zu geraten, ist das Gelingen der Bergung der hoch radioaktiven Trümmer essenziell. Schließlich hat man immer wieder erklärt, dass die Lage am Atomkraftwerk Fukushima Daiichi kontrollierbar sei.
Dementsprechend wird das nur 0,7 Gramm leichte Steinchen, das mehr als 13 Jahre nach der Katastrophe aus dem Inneren eines Reaktors geborgen werden konnte, als ein großer Erfolg verkauft. Dabei ist es allenfalls ein Anfang. Der Weg bis zur Stilllegung der Atomruine ist noch sehr weit.