Tausende auf den Straßen Israels Erneut Massenproteste gegen Justizreform
Tausende Menschen haben in Israel erneut gegen die umstrittene Justizreform der rechts-religiösen Regierung protestiert. Im Zentrum Tel Avivs zogen sie den elften Samstag in Folge durch die Straßen - auch in anderen Städten gab es Proteste.
In Israel haben am elften Wochenende in Folge Tausende Menschen gegen die geplante Justizreform demonstriert. Sie zogen mit israelischen Flaggen und Protestschildern etwa durch die Straßen von Tel Aviv. Dabei schwenkten sie die israelische Flagge und Regenbogenfahnen und blockierten den Verkehr und riefen Slogans wie "Rettet die Demokratie!".
Nach Angaben von israelischen Medien gingen Menschen in mehr als 100 Städten auf die Straße - auch in Haifa und Jerusalem.
Sie alle werfen der Regierung aus Konservativen, religiösen Fundamentalisten und rechten Nationalisten vor, mit einer umstrittenen Justizreform die demokratische Kontrolle von Ministern durch die Gerichte zu gefährden. Daher stehe die Zukunft der israelischen Demokratie auf dem Spiel.
Politik soll mehr Einfluss in Justiz bekommen
Durch die geplante Reform soll es dem Parlament künftig unter anderem möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Außerdem soll die Politik mehr Einfluss bei der Ernennung von Richtern erhalten. Die Koalition will noch bis Ende des Monats Kernelemente der kontroversen Reform im Schnellverfahren durchsetzen. Kritiker sehen die Gewaltenteilung als Pfeiler der Demokratie in Gefahr und warnen vor einer gefährlichen Staatskrise.
Auf der anderen Seite wirft die Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu dem Obersten Gerichtshof vor, von linksgerichteten Richtern dominiert zu werden, die sich aus politischen Gründen in Bereiche einmischen, die nicht in ihre Zuständigkeit fallen. Und auch persönliche Motive könnten eine Rolle spielen: Gegen Netanyahu selbst läuft aktuell ein Prozess wegen Korruptionsvorwürfen.
Alternative bereits abgelehnt
Staatspräsident Isaac Herzog hat für eine Verschiebung der Reform plädiert und zuletzt einen eigenen Plan vorgelegt. Dieser war von Netanyahu aber abgelehnt worden. Am Donnerstag hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz auf einer Pressekonferenz mit Netanyahu in Berlin besorgt über das Vorhaben geäußert.
Die Protestbewegung ist eine der größten in der Geschichte Israels und umfasst breite Gesellschaftsteile. Auch aus der Armee kommt vermehrt Widerstand. Hunderte Eliteoffiziere aus der Militärreserve kündigten etwa an, sich ab Sonntag nicht mehr zum Dienst zu melden.
Netanyahu forderte die Militärführung auf, den Protest der Reservisten zu unterbinden. "Ich erwarte vom Generalstabschef und den Leitern der Abteilungen der Sicherheitsabteilungen, aggressiv die Dienstverweigerung zu bekämpfen", erklärte er. "Es gibt im öffentlichen Diskurs keinen Raum für die Verweigerung des Dienstes. Ein Staat, der zu existieren wünscht, kann solche Phänomene nicht tolerieren und wir werden das auch nicht."
In Israel gilt es als ein Tabu, den Militärdienst zu verweigern. Dass sich dem Protest nun Reserveoffiziere anschlossen, zeigt auch, wie tief die geplante Justizreform das Land spaltet. "Wir fürchten, dass es einen Verstoß gegen unseren Eid, unser Gewissen und unseren Auftrag wäre, Militärbefehlen nachzukommen", schrieben Offiziere in einem offenen Brief zur Begründung ihres Protests.