Justizreform in Israel Ausschreitungen nach Netanyahu-Rede
Anfang kommender Woche soll ein Kernelement der umstrittenen Justizreform in Israel beschlossen werden. Der Protest dagegen wird wieder lauter - und schlug in Tel Aviv nach einer Netanyahu-Rede in Gewalt um.
Bei Protesten gegen die umstrittene Justizreform der israelischen Regierung ist es in Tel Aviv zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen.
Demonstranten blockierten am Abend für mehrere Stunden die Hauptautobahn und legten Feuer. Es kam zudem zu Straßenschlachten mit Beamten. Hunderte weitere Protestler setzten einen fast 70 Kilometer langen Marsch von Tel Aviv nach Jerusalem fort.
Netanyahu verteidigt Reform in Rede an die Nation
Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte zuvor in einer Rede an die Nation die umstrittene Justizreform verteidigt. Sie werde "die Demokratie stärken", so Netanyahu. "All diese Aussagen über die Zerstörung der Demokratie sind einfach absurd", sagte der Regierungschef.
Die Pläne von Reservisten des Militärs, wegen der Reform den Dienst zu verweigern, bezeichnete Netanyahu in der Ansprache zur besten Sendezeit am Abend zudem als Angriff auf die Demokratie.
Es sei das Militär, das sich der Regierung unterordnen müsse und nicht umgekehrt. "Wenn es ihnen gelingt, ihre Drohungen umzusetzen, ist das ein Dämpfer für die Demokratie", sagte Netanyahu. Und: "Den Dienst zu verweigern, gefährdet die Sicherheit jedes Bürgers von Israel."
Teil der Reform soll am Montag beschlossen werden
In seiner Ansprache zeigte sich Netanyahu "offen für Verhandlungen" über ein Kernelement der umstrittenen Justizreform. Es werde nach wie vor versucht, "eine Einigung mit der Opposition zu erreichen". Er hoffe "wirklich, dass die Bemühungen erfolgreich sein werden", fügte er hinzu. Der israelische Premier versicherte, dass auch beim Ausbleiben einer Einigung seine "Tür offen für Verhandlungen bleibt".
Netanyahu äußerte in seiner Rede zwar Verständnis für Kritik an dem Umbau der Justiz, signalisierte aber gleichzeitig deutlich, dass er seine Pläne vorantreiben wolle. Der Justizausschuss der Knesset hatte am Mittwochabend dem aktuellen Entwurf der sogenannten Angemessenheitsklausel zugestimmt. Die Debatte um das Gesetz soll demnach am Sonntag im Parlament beginnen. Die letztliche Abstimmung in zweiter und dritter Lesung ist für Montag angesetzt.
Es geht um ein Gesetz, durch das das Höchste Gericht Israels künftig Entscheidungen von Volksvertretern nicht länger auf deren "Angemessenheit" prüfen kann. Kritiker sehen in dieser Reform und anderen Vorhaben Versuche, die demokratische Gewaltenteilung auszuhebeln und der Regierung willkürliche Entscheidungen zu ermöglichen. Auch der Korruption werde dadurch Tür und Tor geöffnet. Die Regierung argumentiert hingegen, gewählte Volksvertreter müssten gegenüber einer übergriffigen Justiz gestärkt werden.