Krieg im Nahen Osten Iran greift Israel an
Der Iran hat seine Drohung wahr gemacht und Israel angegriffen. Trotz internationaler Warnungen schickte er mehr als 200 Drohnen und Raketen. In etlichen Orten in Israel Luftalarm ausgelöst, darunter in Jerusalem und im Süden Israels.
Der Iran hat einen Drohnenangriff gegen Israel gestartet. Das teilte der israelische Militärsprecher Daniel Hagari am späten Abend mit. Es werde mehrere Stunden dauern, bis die Drohnen israelisches Gebiet erreichen könnten. Gerechnet wird damit in den frühen Morgenstunden (Ortszeit). Israel arbeite eng mit den USA und seinen Partnern in der Region zusammen, um gegen die Drohnen "vorzugehen und sie abzufangen", fügte Hagari hinzu.
Auch Irans Staatsmedien bestätigten den "Vergeltungsschlag". "Eine breite Drohnenoperation der Revolutionsgarden (...) hat vor Minuten begonnen", hieß es kurz vor Mitternacht (Ortszeit) in den Untertiteln des vom Regime kontrollierten Fernsehens. Wenig später hieß es, es seien auch Raketen abgefeuert worden.
"Dies ist ein beispielloses Ereignis"
Es ist der erste direkte Angriff des Iran auf seinen Erzfeind Israel. Offenbar ist es eine Reaktion auf einen Israel zugeschriebenen Luftangriff auf Irans Botschaftsgelände in Syrien. Dabei waren Anfang April 16 Menschen getötet worden. Darunter waren zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden sowie fünf weitere Mitglieder der Elitetruppe. Das geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, hatte Israel am Mittwoch mit Vergeltung für den Angriff gedroht.
Israels Militärsprecher Hagari nannte die Angriffe eine "schwerwiegende und gefährliche Eskalation". Die Iran-Expertin Sima Shine sagte im israelischen Fernsehen: "Dies ist ein beispielloses Ereignis. Der Iran hat sein Paradigma verändert." Wie Israel darauf reagiert, ist noch offen.
Der iranische Verteidigungsminister warnte Israel vor Gegenangriffen auf sein Land. Jeder Staat, der den Iran angreife, werde eine "entschlossene Reaktion" erhalten, sagte General Mohammed-Resa Aschtiani laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna in der Nacht.
USA: "Wahrscheinlich über mehrere Stunden"
Ein vom israelischen Sender Channel 12 befragter Experte, der pensionierte General Amos Yadlin, sagte, die iranischen Drohnen seien mit jeweils 20 Kilogramm Sprengstoff bestückt. Die israelische Luftverteidigung sei darauf vorbereitet, die Flugkörper abzuschießen.
Auch die US-Regierung bestätigte den Beginn eines iranischen Luftangriffs gegen Israel. US-Präsident Joe Biden werde fortlaufend über die Lage informiert und werde sich mit seinem Sicherheitsteam im Weißen Haus zu Beratungen treffen, teilte eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats mit. Der Angriff werde sich "wahrscheinlich über mehrere Stunden hinziehen".
Der Iran forderte die USA auf, sich aus seinem Konflikt mit Israel herauszuhalten. Der iranische Angriff sei eine Reaktion auf die "Aggression" Israels gegen das Konsulargebäude in Damaskus, erklärte die iranische Vertretung bei der UN im Onlinedienst X. Es handele sich um einen Konflikt zwischen dem Iran und Israel, "von dem sich die USA fernhalten müssen".
Die iranische UN-Vertretung erklärte mit Blick auf den Angriff auf das Konsulargebäude, der iranische Militäreinsatz gegen Israel beruhe auf dem in Artikel 51 der UN-Charta festgeschriebenen Recht auf Selbstverteidigung. Damit könne der "Fall als abgeschlossen betrachtet werden". "Sollte das israelische Regime einen weiteren Fehler machen, wird die Reaktion Irans deutlich härter ausfallen", hieß es in der Erklärung weiter.
Schulen geschlossen, Strände gesperrt
Israel hatte dem Iran für den Fall einer weiteren Eskalation der Lage zuvor mit "Konsequenzen" gedroht. Regierungschef Benjamin Netanyahu versammelte im Hauptquartier in Tel Aviv das Kriegskabinett. Am Abend - kurz vor dem Angriff - hatte er in einer Fernsehansprache gesagt, Israel sei auf einen "direkten Angriff aus dem Iran" vorbereitet. "Unsere Verteidigungssysteme sind einsatzbereit, wir sind auf jedes Szenario vorbereitet, sowohl in der Verteidigung als auch im Angriff."
Israels Regierung beschloss zudem eine Reihe von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung. So sind in den kommenden Tagen alle Bildungseinrichtungen geschlossen und Strände gesperrt. Größere Versammlungen wurden verboten. Das Nachbarland Jordanien hatte am Abend seinen Luftraum geschlossen. Auch Israel wird in der Nacht bis zum Morgen seinen Luftraum schließen. Der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, forderte alle Deutschen vor Ort auf, sich an die Anweisungen der Sicherheitsbehörden zu halten.
Mit Informationen von Jan-Christoph Kitzler, ARD Tel Aviv