"Sicherheitsgesetz" in Hongkong Kopfgeld auf Exilanten ausgesetzt
Seit drei Jahren gilt Chinas "Sicherheitsgesetz" in Hongkong - nun kommt es erneut zur Anwendung: Die Behörden erließen Haftbefehle inklusive Kopfgeld gegen ehemalige Abgeordnete und Aktivisten, die im Exil leben.
Das Kopfgeld: eine Million Hongkong Dollar pro Person - umgerechnet knapp 117.000 Euro. Unter den acht im Exil lebenden Gesuchten sind die ehemaligen Parlamentsabgeordneten Nathan Law, Dennis Kwok und Ted Hui. Auch ein Gewerkschafter, ein Rechtsanwalt und drei Aktivisten sind dabei.
Sie leben derzeit in Kanada, Australien, den Vereinigten Staaten und Großbritannien. Das Kopfgeld sei keine Show, sagte Steve Li, der Chef der nationalen Sicherheitspolizei in Hongkong. Sondern es gehe darum, das Gesetz durchzusetzen.
Der demokratische Abgeordnete Ted Hui (M) wurde im Mai 2020 von Sicherheitspersonal aus dem Saal des Legislativrats in Hongkong gebracht. Zu dem Zeitpunkt debattierte das Plenum über ein Gesetz gegen den Missbrauch der chinesischen Nationalhymne.
260 Menschen festgenommen
Konkret geht es um das sogenannte "Nationale Sicherheitsgesetz". Vor drei Jahren wurde es von der Pekinger Zentralregierung in der ursprünglich autonom regierten chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong eingesetzt. Es kann fast alles kriminalisieren, was sich gegen die kommunistische Staats- und Parteiführung richtet.
Häufige Anschuldigungen unter Anwendung des Gesetzes sind: Abspaltung, Untergrabung der staatlichen Ordnung, Terrorismus und geheime Absprachen mit ausländischen Mächten. In den vergangenen drei Jahren sind laut offiziellen Angaben 260 Menschen wegen Verstößen gegen das "Sicherheitsgesetz" festgenommen worden, darunter oppositionelle Politiker, Aktivisten, Rechtsanwälte und Medienschaffende.
Gesuchter Politiker Ted Hui zeigt sich bestürzt
Der im australischen Exil lebende ehemalige Hongkonger Politiker Ted Hui, auf den nun ein Kopfgeld ausgesetzt ist, sagte der ARD: "Das Kopfgeld verstärkt die Verfolgung der Hongkonger Diaspora durch die Kommunistische Partei Chinas. Es verdeutlicht den westlichen Demokratien, dass China sich in Richtung einer extremen autoritären Politik bewegt und eine größere Bedrohung für die Welt darstellt."
"Beweis für die tiefe Feindseligkeit"
Sophie Richardson von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte die jüngsten Haftbefehle. Sie forderte von der internationalen Staatengemeinschaft neue Sanktionen für die Verantwortlichen in Hongkong. "Sie sind ein Beweis für die tiefe Feindseligkeit der chinesischen Regierung gegenüber den Menschenrechten", sagte Richardson.
Diese Fälle sollten von allen Demokratien entschieden zurückgewiesen werden. "Die Regierungen sollten deutlich machen, dass sie sich nicht fügen werden, und sie sollten Maßnahmen zum Schutz der Diaspora-Gemeinschaften in Hongkong in Betracht ziehen."
China könnte auf Interpol setzen
Die Ankündigung der ausgestellten Haftbefehle inklusive Kopfgeld erfolgte eine Woche nach Veröffentlichung eines Artikels in der staatlichen, chinesischen Zeitung "Ta Kung Pao". Darin wurde ein Auszug aus dem "Sicherheitsgesetz" zitiert. Demnach würden die Rechtsvorschriften auch für Menschen gelten, die außerhalb von Hongkong leben.
Weiter hieß es in dem Artikel, dass China als Mitglied der internationalen kriminalpolizeilichen Organisation Interpol die Mitgliedsländer bitten könnte, bei der Festnahme der Gesuchten zu helfen.