Nationales "Sicherheitsgesetz" Massenprozess gegen Hongkonger Aktivisten startet
In Hongkong stehen ab heute 47 Demokratieaktivisten vor Gericht - unter ihnen auch mehrere prominente Oppositionelle. Es handelt sich um den bislang größten Prozess wegen Verstößen gegen das von China erlassene "Sicherheitsgesetz".
In der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong hat der bisher größte Prozess wegen angeblicher Verstöße gegen das umstrittene "Sicherheitsgesetz" begonnen. Auf der Anklagebank sitzen 47 pro-demokratische Aktivisten und ehemalige Abgeordnete der Opposition. Es wird erwartet, dass die Verfahren mehrere Monate dauern könnten. Den Angeklagten drohen bei Verurteilung lebenslange Haftstrafen.
Wie die Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" meldet, erschienen von insgesamt 47 Angeklagten jene 18 vor Gericht, die im Vorfeld angegeben hatten, sich nicht schuldig bekennen zu wollen. Zum Prozessauftakt änderten zwei der 18 Angeklagten ihre Angaben und bekannten sich schuldig. Insgesamt sind es nun 31, die sich schuldig bekannten. Die meisten der Angeklagten sind seit fast zwei Jahren in Haft, wenige auf Kaution frei.
Zahlreiche Prominente unter Angeklagten
Unter den 47 Angeklagten sind zahlreiche prominente Aktivisten, wie der Rechtsgelehrte Benny Tai, die ehemaligen Abgeordneten Claudia Mo, Au Nok-hin und Leung Kwok-hung sowie die Demokratieaktivisten Joshua Wong und Lester Shum.
Die Gruppe von Oppositionellen war bereits vor knapp zwei Jahren angeklagt worden. Die Mehrheit von ihnen sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Sie sind wegen "Verschwörung zum Umsturz" angeklagt. Der Gruppe wird vorgeworfen, vor den später wegen der Pandemie abgesagten Wahlen zum Legislativrat, dem Parlament Hongkongs, im Jahr 2020 illegale Vorwahlen organisiert zu haben. Damit hätten die Angeklagten Staatsgefährdung begangen und gegen das im Spätsommer desselben Jahres von China eingeführte "Sicherheitsgesetz" verstoßen.
Chan Po-Ying, die Ehefrau eines angeklagten ehemaligen Abgeordneten sagte der Nachrichtenagentur Reuters in Hongkong: "Die Liga der Sozialdemokraten und viele Menschen in Hongkong wären nie auf die Idee gekommen, dass die Teilnahme an den Vorwahlen und die friedliche Teilnahme im Parlament als illegal betrachtet werden könnten. (...) Diejenigen, die an den Vorwahlen teilgenommen haben, sind unserer Meinung nach unschuldig. Wir halten dies für politische Repression, und alle, die in Haft sind, sollten freigelassen werden."
Massives Vorgehen gegen kritische Stimmen
Die Verabschiedung des "Sicherheitsgesetzes" als Reaktion auf die damals rund ein Jahr andauernden Demonstrationen in Hongkong war international auf scharfe Kritik gestoßen. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die Peking als subversiv, separatistisch, terroristisch oder konspirativ einstuft.
Die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong galt bis vor wenigen Jahren als Bastion der Meinungsfreiheit in China. Seit Peking im Jahr 2020 das "Sicherheitsgesetz" erlassen hatte, wird in der Sonderverwaltungszone jedoch massiv gegen pro-demokratische Aktivisten und andere pekingkritische Stimmen vorgegangen. Die Behörden greifen dabei auch auf ein aus der britischen Kolonialzeit stammendes Gesetz gegen "Aufruhr" zurück. Hongkonger Medienberichten zufolge soll der Prozess rund 90 Tage dauern.
Mit Informationen von Eva Lamby-Schmitt, ARD-Studie Shanghai