Bodeneinsatz im Gazastreifen "Sicherheit gibt es nirgendwo"
Nach dem Ende der Feuerpause geht Israel noch entschlossener gegen die Hamas vor. Bodentruppen sind bis in den Süden vorgerückt. Tausende Palästinenser wissen nicht, wohin sie noch fliehen sollen.
Die humanitäre Not im Gazastreifen ist groß - es fehlen nicht nur Lebensmittel, sondern auch Brennstoffe. Videos zeigen, wie Menschen Lastwagen umringen. Sie reißen die Ladung herunter und laufen damit davon. Auch die leeren Holzpaletten werden mitgenommen - Brennholz ist gerade wertvoll im Gazastreifen.
Die Bilder sollen im Süden des Küstengebiets aufgenommen worden sein und einen Lastwagen mit Hilfsgütern zeigen, der geplündert wird. Ordnungskräfte der Hamas sind in den Aufnahmen weit und breit nicht zu sehen.
Offensive in den Süden ausgeweitet
Nicht nur im Norden wird gekämpft: Die israelische Militäroperation wurde nun auf den gesamten Gazastreifen ausgedehnt. Die Armee veröffentlichte Aufnahmen, die die Truppen während der Bodenoffensive zeigen sollen, darunter auch Panzer. Unterstützt werden die Bodentruppen durch schwere Luftangriffe. Die Armee teilte mit, in der vergangenen Nacht seien rund 200 Ziele im Gazastreifen angegriffen worden.
"Wir werden wie bisher auch im Einklang mit internationalem Recht operieren", sagt der Sprecher der israelischen Armee, Daniel Hagari. Das Militär werde gegen Zentren der Hamas vorgehen. "Wir haben sie im Norden Gazas verfolgt und nun verfolgen wir Hamas auch im Süden."
"Wir ziehen von einem Ort zum nächsten"
Gefechte werden unter anderem aus Chan Yunis im Süden des Gazastreifens gemeldet. Dort vermutet die israelische Armee Kommandozentralen und Führungsfiguren der Hamas. In den Süden des Küstengebiets waren Hunderttausende vor den Kämpfen im Norden geflüchtet.
Die Armee informiert in arabischer Sprache über von Angriffen betroffene Gebiete und ruft zur Flucht auf. Angesichts von Strom- und Internetausfällen ist es für die Betroffenen aber schwer, sich zu informieren. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind etwa 80 Prozent der 2,2 Millionen Bewohner des Gazastreifens mittlerweile zu Binnenflüchtlingen geworden.
Ein Mann, der mit seiner Familie flieht, beschreibt die Situation so: "Es gibt keinen sicheren Ort mehr, aber wir flüchten trotzdem. Was sollen wir auch tun? Wir haben Kinder und die ganze Nacht gab es Beschuss, also ziehen wir von einem Ort zum nächsten, aber Sicherheit gibt es nirgendwo."
USA und Katar versuchen zu vermitteln
Unter anderem die USA und Katar versuchen, eine erneute Feuerpause zu vermitteln. Doch die Aussichten auf eine solche Pause und die damit verbundene Freilassung weiterer Geiseln scheinen aktuell gering. Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu hat das Ziel bekräftigt, die Hamas im Gazastreifen auszuschalten.
Nicht nur in Gaza, sondern auch in anderen Ländern will Israel offenbar Anführer der Hamas aufspüren und eliminieren. Dafür gebe es grünes Licht der Regierung, erklärte Ronen Bar, der Leiter des Inlandsnachrichtendienstes Shin Bet in einer Aufnahme, die der israelische Sender KAN veröffentlichte.
"Unser Auftrag: die Hamas kalt zu machen"
Der Geheimdienstchef zog einen historischen Vergleich zwischen dem Olympiaanschlag von 1972 und der Reaktion der israelischen Regierung jetzt.
"Das Kabinett hat uns einen Auftrag gegeben", sagt Ronen Bar. "Im Jargon der Straße ausgedrückt, lautet er, die Hamas kalt zu machen. Wir sind dazu entschlossen."
Das sei nun Israels München, sagt er - gemeint ist der Olympiaanschlag 1972. "Überall: im Gazastreifen, im Westjordanland, im Libanon, in der Türkei, in Katar", betont Bar. "Das wird einige Jahre dauern. Aber wir werden dort sein und es auszuführen."
Aktuell aber steht die Operation im Gazastreifen im Mittelpunkt. Beobachter rechnen mit einer Zunahme der Kämpfe und wachsendem Leid der Zivilbevölkerung.