Proteste in Israel Tausende demonstrieren für Freilassung von Geiseln
In mehreren israelischen Städten haben erneut Tausende für die Freilassung der Hamas-Geiseln demonstriert - und gegen die Netanyahu-Regierung. Derweil sollen die Verhandlungen mit der Hamas offenbar fortgesetzt werden.
Tausende Menschen haben in Tel Aviv und anderen israelischen Städten für die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der militant-islamistischen Hamas und gegen die Regierung von Premierminister Benjamin Netanyahu demonstriert. Angehörige der Geiseln, die im Gazastreifen festgehalten werden, forderten einen neuen Geisel-Deal und riefen die Regierung zu schnellem Handeln auf.
Mehrere Demonstrationen verteilten sich in Tel Aviv und blockierten zentrale Verkehrsadern der Küstenmetropole. Bei einigen Kundgebungen kam es zu chaotischen Szenen zwischen der Polizei und Demonstranten. Mancherorts legten Menschen kleinere Feuer, zündeten Rauchbomben und forderten in Sprechchören die Freilassung der verschleppten Menschen. Um einzelne Ansammlungen aufzulösen, setzte die Polizei zudem Wasserwerfer ein. Zeitweise war außerdem die wichtige Ajalon-Stadtautobahn blockiert.
Die Demonstranten entzündeten mancherorts Feuer.
"Sie haben keine Zeit mehr, wir haben keine Zeit mehr"
Angehörige der in den Gazastreifen verschleppten Geiseln werfen Netanyahu und seiner Regierung vor, nicht genug für die Freilassung zu tun. "Unser Premier hat vergessen, dass er auch der Premier von 134 Geiseln ist", sagte eine Angehörige bei einer Kundgebung. "Sie haben keine Zeit mehr, wir haben keine Zeit mehr. Macht etwas jetzt, wir brauchen euch!"
Andernorts demonstrierten mehrere Tausend Menschen gegen die Netanyahu-Regierung und forderten vorgezogene Wahlen. Auf einer großen Leinwand spielten sie einen Videoausschnitt aus der Rede von US-Senator Chuck Schumer ab, der sagte, er glaube, dass vorgezogene Wahlen im Interesse Israels seien. Vor dem Militärhauptquartier in Tel Aviv stellte eine Gruppe von Kriegsveteranen eine Panzer-Attrappe auf. Auch vor der Residenz von Staatspräsident Izchak Herzog in Jerusalem hatten sich Hunderte Menschen versammelt. Dutzende Demonstranten blockierten dort Straßen und wurden Medienberichten zufolge von der Polizei von der Straße gezerrt.
Fortsetzung der Verhandlungen in Katar
Derweil wird unter internationaler Beteiligung mit Hochdruck an einer Vereinbarung für eine Waffenruhe gearbeitet. Die Gespräche über einen entsprechenden Deal sollen heute unter der Beteiligung von hochrangigen Teilnehmenden aus Israel und von der Hamas in Katar fortgesetzt werden, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Erwartete Teilnehmer des Treffens in Doha seien demnach der Chef des israelischen Geheimdiensts Mossad, David Barnea, der katarische Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani und Vertreter Ägyptens.
Die Hamas hatte sich zu einer sechswöchigen Feuerpause und zu einem Austausch israelischer Geiseln gegen palästinensische Gefangene bereit erklärt. Wie ein Hamas-Vertreter der Nachrichtenagentur AFP sagte, könnten im Rahmen einer solchen Vereinbarung 42 israelische Geiseln - Frauen, Kinder, ältere Menschen und Kranke - gegen ausgetauscht werden. Im Gegenzug sollen demnach für jede freigelassene israelische Geisel jeweils 20 bis 50 palästinensische Gefangene entlassen werden. Pro Tag solle eine Geisel freigelassen werden. Bisher hatte die Hamas einen dauerhaften Waffenstillstand vor einer Freilassung weiterer Geiseln gefordert.
Israelisches Sicherheitskabinett tagt vor Reise nach Doha
Israels Premier Netanyahu tat den Vorschlag der Hamas indes als "unrealistisch" ab. Dennoch soll das israelische Sicherheitskabinett zusammentreten, um die Position der israelischen Delegation vor ihrer Reise nach Katar festzulegen. Premier Netanyahu habe das "Kriegskabinett und das Sicherheitskabinett" einberufen, "um das Mandat der Delegation zu beschließen", teilte Netanyahus Büro mit.
Israelischen Medienberichten zufolge ist die Sitzung des fünfköpfigen Kriegskabinetts für 18.00 Uhr (Ortszeit, 17.00 Uhr MEZ) geplant. Netanyahus Büro hatte am Freitag erklärt, dass eine Delegation nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts, bei der "die Position Israels diskutiert werden soll", nach Doha reisen werde. Aus Bildern, die das Büro veröffentlichte, ging hervor, dass das Kriegskabinett und das Sicherheitskabinett bereits am Freitag tagten. Nach den Treffen wurden jedoch keine Beschlüsse mitgeteilt.