Ein TV-Sender und der US-Präsident Was ist los bei Fox News?
Fox News galt in den vergangenen Jahren als Haussender von Trump. Doch die Liaison des Senders mit dem Präsidenten bröckelt seit der Wahlnacht deutlich. Nicht ohne Folgen für den konservativen TV-Sender.
Die Wahlnacht bei Fox News. Moderator Bill Hemmer ist verwirrt: "Warum ist Arizona blau? Gibt es da eine Entscheidung?" - "Ja", bestätigt eine Stimme aus dem Off: Die Demoskopen am sogenannten Decision-Desk des Senders sind sich sicher: Arizona mit seinen elf Wahlleuten wird blau, die Farbe der Demokraten. Nicht Donald Trump, wie 2016, sondern Joe Biden wird dort gewinnen.
Ausgerechnet Fox News, der Sender der Donald Trump als Kandidaten einst groß gemacht hat, verpasst dem amtierenden Präsidenten den ersten Kinnhaken des Abends. Zwar treffen kurz darauf auch einige andere Medien die gleiche Entscheidung - aber die meisten sind auch Tage später nicht sicher. Und für Fox News hat das Vorpreschen Folgen.
Anruf bei Rupert Murdoch
Fast täglich muss sich der Chef des "Decision-Desks", Arnon Mishkin, von seinen Kollegen On-Air fragen lassen: "Wie siehst Du es jetzt?" Er sagt: "Wir sind uns sicher: Auch wenn alle Stimmen gezählt sind, wird Joe Biden vor Donald Trump liegen." Trump war über die Fox-Entscheidung so sauer, dass er laut US-Medienberichten seinen Schwiegersohn Jared Kushner beauftragte, Rupert Murdoch anzurufen - den Gründer und obersten Chef des Medienimperiums.
Trumps Anhänger und sein Wahlkampfteam beschuldigen Mishkin, in Wirklichkeit für die Demokraten zu arbeiten. Der blasse Mann mit der randlosen Brille muss sich wieder erklären, live auf seinem Sender: Ja, er habe als politischer Berater auch mal für Demokraten gearbeitet. Und ja, er habe gespendet. Insgesamt 800 Dollar in den vergangenen zwölf Jahren. 500 für einen republikanischen Schulfreund. 300 für den demokratischen Freund eines Freundes.
Gespaltenes Verhältnis
Die Wahlnacht ist das perfekte Beispiel für Trumps komplizierte Beziehung zu seinem Haussender: In den Nachrichtensendungen, über den Tag hinweg, werden er und seine Politik hin und wieder auch kritisch hinterfragt. Aber Abends, in den Talkshows, schlägt die Stunde seiner rechtspopulistischen Helfershelfer.
Tucker Carlson beispielsweise, der Mann mit den höchsten Prime-Time-Quoten aller Kabelsender, beschreibt Biden dann in einem minutenlangen Monolog als ferngesteuerte Marionette der Reichen und der Tech-Industrie, die Amerika gleichschalten und zu einer Oligarchie machen wollten.
Kritik an Wahlbetrugsvorwürfen
An dieser Rollenverteilung hat sich auch in den vergangenen Tagen nichts geändert: Tagsüber fragen die Nachrichten-Moderatoren ihre republikanischen Interview-Partner immer wieder nach Beweisen für den angeblichen Wahlbetrug. Und abends preist Trumps Lieblings-Host, der ehemalige Autoverkäufer Sean Hannity, den Präsidenten als Kämpfer für ordentliches Auszählen und Transparenz - und gegen die angeblich desaströsen zwielichtigen Zählpraktiken in manchen Staaten.
Der Lagerkampf, der Amerika spaltet, er zerreißt auch Fox News. Und er führte Montagabend zu einer weiteren kleinen Sensation in der Geschichte des Senders: Trumps Pressesprecherin Kayleigh McEnany trat vor die Presse, und behauptete ohne Beleg, dass die Demokraten Wahlbetrug und illegale Stimmabgabe willkommen heißen würden. Moderator Neil Cavuto blendete sich prompt aus der laufenden Pressekonferenz aus: Die Verbreitung dieser Behauptungen, die könne er guten Gewissens nicht mittragen. Seine Talkshow-Kollegen am späten Abend sind noch nicht soweit.