Werben um neue Ukraine-Hilfen Kann Selenskyj die Republikaner überzeugen?
Die Ukraine ist dringend auf Militärhilfen angewiesen. Wichtigster Geldgeber sind die USA. Doch die Republikaner blockieren Milliarden. Heute will Selenskyj in Washington Überzeugungsarbeit leisten.
Vor einem Jahr, bei seinem letzten Besuch in Washington, erntete Wolodymyr Selenskyj im US-Kongress stehende Ovationen - bevor er überhaupt ein Wort gesagt hatte. Demokraten wie Republikaner im US-Kongress kriegten sich damals vor Begeisterung kaum ein.
Auch gestern, zum Auftakt seiner Visite, hielt der ukrainische Präsident eine Rede - diesmal aber nur an der National Defense University, der Hausuniversität des US-Verteidigungsministeriums. Selenskyjs Botschaft: Die Ukraine sei nur die erste Front in Putins Kampf gegen die Freiheit.
Jetzt komme es darauf an, dass es nicht irgendwo anderswo auf der Welt eine zweite oder dritte Front gebe. Diesen Kampf werde die Ukraine nicht aufgeben, sagte Selenskyj: "Ihr könnt Euch auf die Ukraine verlassen. Und wir hoffen, dass wir uns genauso auf Euch verlassen können."
Wachsende Skepsis in den USA
Aber das Publikum für Selenskyjs Botschaft ist diesmal nicht nur im Saal viel kleiner, sondern in den USA insgesamt viel skeptischer: Laut Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew findet mittlerweile knapp die Hälfte der republikanischen Wähler die Hilfen für die Ukraine - bislang schon 100 Milliarden US-Dollar - zu hoch. Bei den Demokraten denken das nur 16 Prozent.
Charles Kupchan, Senior Fellow an der Denkfabrik Council on Foreign Relations, wundert das nicht: "Es gibt in diesem Land einen 'Amerika Zuerst'-Neoisolationismus. Vor allem bei den Republikanern gibt es viele Wähler, die sagen: Warum geben wir so viel Geld in der Ukraine, in Afghanistan oder in Israel aus, wenn unsere Brücken kaputt sind und unsere Grenze von Migranten überrannt wird?"
"Dieser Konflikt wird mit Verhandlungen enden"
Ein Wortführer dieser "America First"-Politik ist Senator J.D. Vance aus Ohio. Bei CNN erklärte der Bestsellerautor vor Selenskyjs Besuch: "Alle, die ein Gehirn haben, wissen doch, dass dieser Konflikt mit Verhandlungen enden wird. Die Idee, dass die Ukraine Russland in die Grenzen von 1991 zurückweisen kann, ist einfach absurd." Das glaube doch niemand. "Unsere Botschaft an Biden und die Welt ist: Was sollen zusätzliche 61 Milliarden bringen, was 100 Milliarden US-Dollar nicht erreicht haben?"
Biden müsse endlich erklären, was das Ziel sei. Und wenn die Bedrohung durch Putin für Europa wirklich so groß sei, sollten doch erstmal Länder wie Deutschland mehr leisten, bevor die USA einen weiteren Blankoscheck ausstellen, sagte Vance.
Republikaner knüpfen mehr Geld an Bedingungen
Noch ist der Senator mit seinem grundsätzlichen Nein zu weiteren Ukraine-Hilfen im Kongress in der Minderheit. Aber eine deutliche Mehrheit der Republikaner im Kongress knüpft ihr Ja an Bedingungen. Sie fordern im selben Gesetz auch strengere Einwanderungs- und Grenzregeln, inklusive Mauerbau. Was wiederum die Demokraten ablehnen.
Die Biden-Regierung hofft nun, dass Selenskyjs Besuch die verhärteten Fronten aufweichen kann. Im Senat wird er vor Vertretern beider Parteien sprechen, im Repräsentantenhaus nur mit dem Top-Republikaner Mike Johnson.
Aber diese Gespräche seien letztlich viel wichtiger als das Treffen von Biden und Selenskyj im Weißen Haus, sagt Politologe Kupchan. Am Ende werde es weitere Hilfen für die Ukraine geben, glaubt der Experte - wenn auch vielleicht nicht in der ursprünglich geforderten Höhe von 61 Milliarden US-Dollar. Die Verhandlungen könnten sich zudem bis ins neue Jahr ziehen.
Aber der Besuch des ukrainischen Präsidenten könnte dabei helfen, Republikaner und Demokraten schneller zur Ziellinie zu bringen.